Man halte sich die Absurdität noch einmal vor Augen: Den Entwurf des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell, der die Krankenversicherung der Amerikaner neu organisieren sollte, erachteten selbst die eigenen Kollegen als derart mies, dass drei republikanische Senatoren vor der entscheidenden Abstimmung in der Nacht auf Freitag vor ihrer Zustimmung in aller Öffentlichkeit eine Garantie verlangt hatten, dass ebenjener Entwurf niemals in ein tatsächliches Gesetz gegossen werde.

Was nicht weiter verwundert: 16 Millionen Amerikaner würden laut Berechnungen des US-Kongresses in diesem Fall ihre Krankenversicherung verlieren. Das entspricht immerhin vier Fünfteln jener 20 Millionen, die seit Obamacare überhaupt über einen Versicherungsschutz verfügen.

Ein "Desaster" nannte einer dieser drei Senatoren, Lindsey Graham, das achtseitige Papier mit dem Namen "Health Care Freedom Act". Der zweite, Ron Johnson, gestand ein, dass der Vorschlag "nicht einmal in Ansätzen dem Versprechen gerecht wird, Obamacare abzuschaffen". Und der dritte republikanische Senator, John McCain, gab letztlich eine der drei entscheidenden republikanischen Stimmen gegen den Entwurf ab.

Übelst zerstrittene Republikaner

Und dabei kam der jüngste Vorschlag noch am ehesten einem Kompromiss gleich, den alle Republikaner mittragen hätten können, die in der Frage der Abschaffung von Obamacare übelst zerstrittenen sind. Nun mündete auch dieser Anlauf in einer Niederlage – der dritten in nur einer Woche. Übrig bleiben jetzt nur mehr Optionen, die für einen noch größeren Teil der Senatoren schon gar nicht infrage kommen.

Blamiert steht zwar auch der Präsident dar, besonders beschämend ist das aber für die republikanische Parteiführung. Donald Trump hatte die Abschaffung von Obamacare im Wahlkampf zu einem seiner Hauptversprechen gemacht. Die Grand Old Party hingegen zieht ein Versprechen, das ihre Senatoren und Abgeordneten die vergangenen sieben Jahre lang in Hass vereint hatte, nur mehr ins Lächerliche. Die Losung, die von Trumps Vorgänger eingeführte und von den Republikanern zutiefst verabscheute Gesundheitsversorgung abzuschaffen, löst sich nun vor aller Augen in Luft auf.

Die Versprechen, die die Republikaner und Trump gemacht haben, brechen dieser Tage gleichermaßen. Atemberaubend drastisch zeigt sich darüber hinaus, wie schlecht die Gegner von Obamacare darauf vorbereiten waren und sind, ihr angeblich so zentrales Anliegen umzusetzen. Wie um alles in der Welt sie jetzt noch einen Gesetzesentwurf aufs Tapet bringen wollen, der Hardliner wie Moderate glücklich macht und nicht Millionen Amerikaner ohne Versicherungsschutz zurücklässt, bleibt an dieser Stelle ein Rätsel. (Anna Giulia Fink, 28.7.2017)