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Heinz Schaden kann einem leid tun. Der Salzburger Bürgermeister ist ein durch und durch integerer Mann, der 25 Jahre für die Gemeinschaft gearbeitet hat. Jetzt wird er für Handlungen mit einer unbedingten (nicht rechtskräftigen) Haftstrafe belegt, mit denen er seiner Stadt nur helfen wollte, aus einem selbst verschuldeten Schlamassel herauszukommen, sich nicht bereicherte und nicht einmal einen Schaden für Österreichs Steuerzahler verursacht hat.

Dem Wortlaut des Gesetzes nach ist Schaden offensichtlich schuldig. Aber aus nicht-juristischer Sicht ist das Urteil des Salzburger Schöffengerichts schwer zu verstehen.

Opfer zweier Zeitenwenden

Schaden wurde das Opfer zweier Zeitenwenden – des Aufstiegs und des Niedergangs der Finanzalchemie auch im öffentlichen Sektor. Als der gebürtige Grazer 1992 Salzburger Vizebürgermeister wurde, war die Welt der Gemeindefinanzen noch ganz einfach: Geld gab es vom Bund und von eigenen Einnahmen, und mit dem mussten die Kommunen auskommen. Nahmen sie Schulden auf, mussten sie die marktüblichen Zinsen dafür bezahlen.

Aber schon bei seiner Wahl zum Bürgermeister 1999 gab es neue finanzielle Verlockungen für öffentliche Körperschaften. Die Banken und Finanzberater rannten ihnen die Tür ein mit kreativen Angeboten – Fremdwährungskredite, Swaps, Derivate, Cross-Border-Leasing –, um mit gleichen Steuergeldern sich mehr leisten zu können. Die Stadt Salzburg stieg genauso darauf ein wie andere Kommunen und Länder.

Schaden hat Risiko erkannt

Anders als andere Politiker erkannte der Sozialdemokrat, welche Risiken seine Stadt damit eingegangen war. 2007 waren die Swaps mit fünf Millionen Euro im Minus. Schaden versuchte sie loszuwerden – und fand beim Finanzlandesreferenten und Parteifreund Othmar Raus einen willigen Partner. Das Land, so die Logik, sei mit seinen viel größeren Portefeuille von Finanzdeals besser gewappnet, um solche Risiken zu tragen. Und ob Stadt, Land oder Bund am Ende zahlen, galt damals als politische, nicht als rechtliche Frage.

Dass dies ein Akt der Untreue sein könnte, der ihn ein Jahrzehnt später ins Gefängnis bringen könnte, kam Schaden damals wohl kaum in den Sinn. Bis auf einige dogmatischen Wirtschaftsstrafrechtsexperten – und von denen gab es damals nur wenige – wäre es auch sonst niemandem eingefallen.

Juristische und moralische Verbissenheit

Aber die Zeiten haben sich seit der Weltfinanzkrise, die kurz nach dem Swapdeal ausbrach, geändert. Heute verfolgen die Staatsanwaltschaft und die Gerichte die Entscheidungen aus der "Alles geht"-Ära mit juristischer und moralischer Verbissenheit.

Der Schuldspruch gegen Schaden, Raus und fünf weitere Angeklagte ist bei einer sehr strengen Auslegung des Untreue-Tatbestands noch nachvollziehbar. Dass Schaden deshalb zurücktreten wird, ist selbstverständlich.

Aber die unbedingte Haftstrafe wird hoffentlich vor den höheren Instanzen keinen Bestand haben. Das Land ist voller Politiker, die weitaus größere Fehler gemacht haben als Schaden und dafür gar keinen Preis zahlen müssen. (Eric Frey, 29.7.2017)