Brüssel/London/Wien – Österreich hat sich gemeinsam mit 22 weiteren EU-Ländern um die EU-Agentur für Arzneimittel (EMA) beworben. Wegen des anstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU ist die EU-Institution auf der Suche nach einem neuen Zuhause, derzeit ist der Sitz in London.

Wie "Politico" am Montag berichtete, gehöre Österreich zu den fleißigsten Antragstellern. Insgesamt haben Vertreter der Alpenrepublik drei Mal den bisherigen EMA-Sitz in London besucht, Dänemark und Frankreich nur je zweimal.

Gesundheitsministerin Pamela Rendi Wagner sagte im Ö1-Morgenjournal, sie werde sich im September bei Treffen mit EU-Vertretern in Brüssel für den Standort Wien einsetzen. Sie sei aber zuversichtlich, dass Wien Chancen auf den Institutionssitz hat, da Wien ein Topstandort und schon jetzt auch ein guter Uni- und Forschungsstandort sei.

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Die Gesundheitsminister von Spanien, Frankreich, Irland, Malta, Portugal, Rumänien und Schweden waren ebenfalls einmal vor Ort. Durch den Brexit müssen die beiden derzeit in London befindlichen Agenturen – EMA und EBA (EU-Bankenaufsicht) auf das EU-Festland übersiedeln. Österreich hat sich zwar auch für die EBA beworben, doch sind die Chancen wesentlich besser, dass die EMA nach Wien kommen könnte. Die Bewerbungsfrist für beide Agenturen endet Montag Mitternacht. Die EU-Kommission will die genaue Zahl der Bewerber am Dienstag offiziell bekanntgeben. Konkret wird eine Entscheidung über den neuen Standort sowohl für EMA als auch für EBA erst im November erwartet.

Acht Gebäude vorgeschlagen

Wie Philipp Tillich, der österreichische Gesundheitsattache in Brüssel, erklärte, habe Österreich acht Gebäude für die Unterbringung der EBA vorgeschlagen. Die Italiener wollen den 32-stöckigen Pirelli-Turm in Mailand anbieten. Barcelona wiederum wirbt mit dem "Torre Glories"-Wolkenkratzer. Griechenland möchte einen ehemaligen Gebäudekomplex einer Tabakgesellschaft zur Verfügung stellen. Andere Länder wiederum seien dabei, maßgeschneiderte Gebäude für die EMA erst zu errichten.

Darüber hinaus werben einige Staaten auch unverhohlen mit mehr Geld für zusätzliches Personal. So will Spanien drei Millionen Euro zur Verfügung stellen, um 40 Beschäftigte für Ausbildung und Training bereit zu halten. Die Niederlande wiederum wollen dafür sogar acht Millionen Euro ausgeben.

890 Mitarbeiter in London

Die EMA beschäftigt derzeit in London 890 Mitarbeiter. Bei der EBA sind es 190. Jene Städte, die sich in dem Standortwettbewerb durchsetzen, dürfen auf erhebliche Zusatzeinnahmen hoffen. EMA und EBA richten jährlich Hunderte Konferenzen und Veranstaltungen mit Experten aus aller Welt aus. Zuletzt sorgten beide Agenturen in London für rund 39.000 zusätzliche Hotelübernachtungen pro Jahr.

Nach einer Studie des IHS im Auftrag des Finanzministeriums könnte das österreichische Bruttoinlandsprodukt innerhalb von fünf Jahren um eine Milliarde Euro bei Ansiedlung der EMA in Wien steigen. Außerdem könnten in diesem Zeitraum 9.000 zusätzliche Arbeitsplätze gesichert werden. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zeigte sich optimistisch für Österreich und sagte zuletzt, man habe "zwei sehr attraktive Angebote" gelegt.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte im Juni betont, dass sich Wien gute Chancen bei der Vergabe der EU-Agenturen ausrechne. Es müsse jedenfalls ein transparentes Auswahlverfahren geben. Österreich habe als Forschungsstandort viel zu bieten, es gebe bereits eine Reihe von Pharmafirmen und Zehntausende Leute, die in diesem Bereich in der Forschung tätig seien. (APA, 31.7.2017)