Wird ab 2020 Musikchef der Wiener Staatsoper: Philippe Jordan.

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Gegenwärtig erweckt er ein bisschen den Eindruck, überall zu sein. Dirigent Philippe Jordan weilte in Bayreuth, wo er heuer die Premiere der Meistersinger betreute. Als Chef der Wiener Symphoniker gibt er auch bei den Bregenzer Festspielen konzertante Kostproben seiner Kunst. Und nun, während seine Tätigkeit als Musikdirektor der Opéra National de Paris wohl in einer sommerlichen Ruhepause weilt, ist Jordan auch in Wien plötzlich quasi präsent.

Es wurde nun kundgetan: Der Schweizer wird ab 2020, wenn Bogdan Roščić sein Amt als Direktor der Staatsoper antritt, Musikdirektor des Hauses am Ring. Da kommt einem einerseits schnell der alte Witz über Herbert von Karajan in den Sinn. Es steigt der omnipräsente Maestro ins Taxi, wird gefragt, wohin es gehen soll, und er antwortet: "Egal wohin – man braucht mich überall!"

Nun ist Philippe Jordan (1974 in Zürich geboren) alles andere als ein sich zum Monument Hochstilisierender. Der Sohn des bekannten Dirigenten Armin Jordan und der Tänzerin Käthe Herkner ist vielmehr ein bedächtiger, uneitler Künstler, der im Gespräch fast ein bisschen schüchtern wirkt. Bei der Arbeit mit Orchestern entfaltet Jordan jedoch eine auf Präzision und Pointiertheit basierende Energie, die zeigt, dass der ehemalige Musikchef der Grazer Oper stetig und konsequent zu einem Dirigenten heranwuchs, der auch zum Kernrepertoire der Wiener Klassik und Romantik Wesentliches zu sagen versteht.

Daneben ist Jordan offen – etwa für historisch informierte Musizierprinzipien und auch für neue Formate: Als Symphonikerchef wirkt er gern bei friday@7 mit. Im Foyer des Wiener Konzerthauses konnte Jordan so nach obligatem Konzert in lockerer Atmosphäre unter anderem mit Star Khatia Buniatishvili beim vierhändigen Klavierplausch belauscht werden. Nach Graz hatte sich Jordan Wanderjahre verordnet, um auch sich selbst zu finden. Er wollte sich nicht "zu früh wieder durch eine Stelle auffressen lassen".

Das Wandern ist jedoch längst vorbei. Jordan weiß, wenn er die Wiener Stelle annimmt, dass nur kontinuierliche Arbeit am Alltag und Premierenqualität den Ruf des Hauses mehren. Sonst gibt es schnell Probleme – Jordan ist das bewusst: Er werde "die entsprechende Präsenz einbringen", sagt er, und "auch alles daran setzen, die allerbesten Kolleginnen und Kollegen dazu zu bewegen, mit uns an der Staatsoper zu arbeiten". Seine Chancen stehen gut. (Ljubiša Tošić, 31.7.2017)