Wie mutig vom freiheitlichen Stadtrat – aber wenn das bloß nicht ins Auge geht. Vielleicht hätte der Wiener FPÖ-Stadtrat Toni Mahdalik doch einmal das "Handbuch freiheitlicher Politik" überfliegen sollen. Denn die Freiheitliche Partei steht unmissverständlich und voll und ganz hinter dem Taxler:
Keine "Einschränkung der Privatautonomie" für Taxifahrer und andere Geschäftsleute! Volle Freiheit für Benachteiligungen aus "ethnischen Gründen" oder wegen "Weltanschauung, Alter, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung"! Geschäftsleute und Vermieter sollen sich ihre Kundschaft aussuchen dürfen! Jeder anständige Österreicher muss doch wohl autonom entscheiden, ob er einem Interessenten namens "Kelsen" eine Wohnung vermietet oder nicht! Ist Mahdalik also ein "weltfremder Gutmensch"?
Recht auf Diskriminierung – anderer
Nicht unbedingt, denn die Freiheit zur Diskriminierung ist keinesfalls grenzenlos. Die Betreiberin eines Wiener Cafés hat nach dem ersten Wahlgang im Frühjahr 2016 die Wähler von FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer aufgefordert, an ihrem Lokal vorbeizugehen, und das ausdrücklich als "Bitte" vorgetragen. Ein "Shitstorm" im freiheitlichen Milieu war die Folge, ergänzt von der spöttischen Erinnerung einiger Beobachter an die Zustimmung desselben weltanschaulichen Lagers zum Lokalverweis zweier knutschender Lesben aus einem anderen Kaffeehaus. Lesben dürfen diskriminiert werden, Freiheitliche aber nicht? Sind weltfremde FPÖ-Gutmenschen auf einmal gegen die Diskriminierung freiheitlicher Andersdenkender durch rechtschaffene Geschäftsleute? Wann ist das Recht auf, und wann ist das Verbot von Diskriminierung angesagt? Glücklicherweise sorgt der Leitfaden für FPÖ-Führungskräfte auch bei solchen schwierigen Grenzfällen für eine glasklare Orientierung:
Also keine "Diskriminierung auf Grund bestimmter Werthaltungen" – es sei denn, diese "Werthaltungen und politischen Einstellungen" geraten in Konflikt mit "Weltanschauung, Alter, Geschlecht, Religion, sexueller Orientierung" anderer Leute! In dem Fall gebietet nämlich die "Menschenwürde", dass kein Rassist oder Sexist "gegen seinen Willen" vom Staat "beeinflusst" wird. Kein Taxler darf zum "unkritischen Nutzenmenschen" gemacht werden, der gleichermaßen von Männern und Frauen Geld nehmen muss, auch wenn ihm das gegen den Strich geht, weil ihm die "Verschiedenartigkeit" der Menschen ein echtes Anliegen ist:
Der entscheidende Unterschied ist bei der FPÖ in den einzig kompetenten Händen: der Unterschied zwischen der wahren Freiheit einerseits, der "Menschenwürde, dem Respekt vor der Persönlichkeit, der geistigen Integrität" mit dazu passenden "Überzeugungen, Anschauungen und Auffassungen" – und einer mit diesen höchsten Gütern "unvereinbaren Bevormundung, Beeinflussung, Gängelung oder Umerziehung" des Menschen nach "ideologischen und weltanschaulichen Schablonen" andererseits. Die Freiheitlichen beaufsichtigen als Gesinnungsbehörde die menschenwürdige Gestaltung des Lebens in Österreich. Wer auch immer was auch immer dagegen vorbringen will, muss also ein Ideologe sein, der Menschen gegen ihren von der FPÖ definierten Willen "beeinflussen", nach "Schablonen" formen und vom rechten Weg abbringen – "umerziehen" – will. Es soll also niemand glauben, sich gegen diese Partei auf seine persönliche "Privatautonomie" berufen zu können.
Mangel an Toleranz
Eine letzte Klarstellung der freiheitlichen Position bringt eine Episode aus dem Frühjahr 2017: Der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus wird aus einem Lokal verwiesen, wo man Freiheitliche offenbar nicht leiden kann. Der Sache nach ein eindeutiger Fall von wahrgenommener "Privatautonomie" des Lokalbetreibers, der sich seine Kunden schon aussuchen können dürfen soll, nach freiheitlicher Weltsicht. Parteichef Heinz-Christian Strache hat den Mangel an Toleranz beklagt. Man geht insofern nicht fehl, wenn die freiheitliche Sicht des in der "Privatautonomie" inbegriffenen Rechts auf Diskriminierung auf freiheitliche Privilegien hinausläuft: Wer benachteiligt werden darf, das entscheidet die Partei. Stadtrat Mahdalik muss sich keine Sorgen machen. (Herbert Auinger, 8.8.2017)