Peter Seisenbacher auf einem Archivbild aus dem Jahr 2012.

Foto: APA/Fohringer

Wien – Judo-Doppelolympiasieger Peter Seisenbacher, dem mehrfacher sexueller Missbrauch Unmündiger vorgeworfen wird, ist in Kiew verhaftet worden. Er wurde Dienstagmittag von der ukrainischen Polizei in seiner Wohnung in Kiew gestellt, teilte das Landesgericht für Strafsachen Wien am Abend.

ORF

Zielfahnder angesetzt

Maßgeblich für die Festnahme Seisenbachers waren Zielfahnder des Bundeskriminalamts und zwei Verbindungsbeamte des Innenministeriums in Tiflis und Kiew. In Kooperation mit den georgischen und ukrainischen Sicherheitsbehörden konnte der untergetauchte Judo-Doppelolympiasieger letztlich aufgespürt werden.

Vor allem der für Kiew abgestellte Verbindungsbeamte – er war zusätzlich für Warschau zuständig – war für den Fahndungserfolg bedeutsam, so Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Er habe entscheidend zum Ermittlungserfolg beigetragen. Das Innenministerium setzt derzeit 21 Verbindungsbeamte in 29 verschiedenen Destinationen ein, die bei den jeweiligen örtlichen Behörden österreichische Interessen "abbilden" sollen, erläuterte Grundböck: "Diese Beamten sind nicht operativ tätig. Sie sind bei den jeweiligen Botschaften akkreditiert und haben den Status eines Diplomaten."

Fahndung seit Ende 2016

Seisenbacher war am 19. Dezember 2016 unentschuldigt nicht zu seiner Verhandlung im Wiener Landesgericht erschienen, wo er sich vor einem Schöffensenat verantworten hätte müssen. Daraufhin wurden weltweite Fahndungsmaßnahmen veranlasst. Über Antrag der Staatsanwaltschaft war schon wenige Stunden nach dem geplatzten Prozess eine Festnahmeanordnung wegen Fluchtgefahr ergangen. In Verbindung damit wurde ein Haftbefehl erlassen.

Die Staatsanwaltschaft Wien wirft Seisenbacher vor, zwischen 1997 und 2004 als Judotrainer an drei damals minderjährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Die Anklage lautet auf schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen und den Missbrauch des Autoritätsverhältnisses, die Strafdrohung beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Die erforderlichen Anträge auf Auslieferung des 57-Jährigen wurden bereits gestellt, berichtete Christina Salzborn, Sprecherin des Landesgerichts Wien. Ein neuer Termin für die Hauptverhandlung wird nach der Auslieferung festgesetzt.

Salzborn hob die gute Zusammenarbeit der österreichischen Justiz- und Polizeibehörden mit der Ukraine und Georgien hervor. Eine wichtige Rolle bei der Festnahme hätten die in Kiew und Tiflis (Georgien) stationierten österreichischen Verbindungsbeamten gespielt. Diese koordinierten zwischen dem Bundeskriminalamt, den örtlichen Behörden und dem Landesgericht für Strafsachen.

Telefonüberwachung

Seisenbacher soll auf seine Festnahme völlig überrascht reagiert und keinen Widerstand geleistet haben. Auf seine Spur war man nach umfangreichen Telefonüberwachungen und Observationen durch Kontaktbeamte des Bundeskriminalamts gekommen. Er wechselte zwar regelmäßig seine Handys, kontaktierte aber immer wieder dieselben Personen, darunter auch seine in Wien lebende Mutter.

Vor seinem für Mitte Dezember 2016 geplanten Prozess dürfte sich Seisenbacher schon länger nicht mehr in Aserbaidschan aufgehalten haben, wo er zuletzt Trainer der Judo-Nationalmannschaft gewesen war. Fest steht, dass er am 14. Dezember ein Flugzeug von Georgien in die Ukraine genommen hat und dort in der Folge in Kiew eine Wohnung bezog. An seiner Seite soll sich in den Monaten seit seinem Verschwinden eine Frau befunden haben.

"Vor ein paar Wochen sind konkrete Hinweise auf seinen Aufenthaltsort eingegangen", sagte Salzborn. Verstärkte Erhebungsmaßnahmen des Bundeskriminalamts und umfassende Observationen vor Ort hätten schließlich zum Fahndungserfolg geführt. (red, APA, 1.8.2017)