Sie sind Parteisoldaten, können die drängenden Probleme nicht lösen und haben nur das eigene Wohl im Kopf – so das Klischee des Berufspolitikers. Quereinsteiger werden hingegen als "frischer Wind" wahrgenommen, als Menschen, die "etwas geleistet" haben und sich bepackt mit Lebenserfahrung und Expertise in den Dienst der Gesellschaft stellen – unabhängig und glaubwürdig.

Das mag in der Theorie stimmen. Der Praxis halten diese Vorurteile nur selten stand. Prominente dienen den Parteien in erster Linie als Stimmenmagnete. Werden sie angelobt, haben sie ihre Aufgabe bereits erfüllt. Die zuvor beschworene Fachkenntnis der Neulinge ist dann kaum noch gefragt – es gilt die Parteiräson. Und nach einer Periode werden die meisten wieder ausrangiert. Oft völlig zu Recht.

Denn Politik ist auch ein Handwerk. Abgeordnete müssen die Positionen ihrer Fraktion glaubhaft nach außen tragen, Reden halten, in Ausschüssen sitzen. Dafür sollten sie die ideologischen Grundfesten der Partei, für die sie auftreten, verinnerlicht haben. Sie müssen aber keine Fachprofis sein. Gesetzesdetails arbeiten Experten aus, die Entwürfe werden von Betroffenen und Sachkundigen begutachtet.

Nachdem ÖVP-Obmann Sebastian Kurz den Nationalrat mit Quereinsteigern schwemmen will, ist es deshalb fast beruhigend, dass SPÖ-Chef Christian Kern mit seiner Bundesliste hauptsächlich auf erfahrene Politiker setzt. Debütieren muss er bei dieser Wahl ohnehin selbst. (Katharina Mittelstaedt, 3.8.2017)