Europol versucht es mit Humor und schickt gesuchten Verdächtigen wie Tibor Foco Ansichtskarten.

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Wien/Den Haag – Wie kommuniziert man mit jemandem, von dem man nicht einmal weiß, ob er noch lebt? Man verschickt eine Ansichtskarte via Facebook, Twitter und Co, hofft, dass sich die Botschaft vervielfacht und dass irgendwer den Jemand erkennt. Die europäische Polizeiagentur Europol in Den Haag schreibt derzeit ihren meistgesuchten Verdächtigen derartige Ansichtskarten – darunter auch an den seit 1995 flüchtigen Tibor Foco, der in Österreich wegen Mordes gesucht wird. Nach einem "Servus Tibor" wird der ehemalige Rennfahrer und Zuhälter zu einer Skipartie in "the beautiful Alps" eingeladen, "bis bald, Polizei Österreich" heißt es zum Schluss.

Statistisch fällt Foco seit 22 Jahren in die Kategorie "ungeklärt" – das sind in Österreich generell mehr als die Hälfte aller angezeigten Delikte: Im ersten Halbjahr 2017 endeten 48,2 Prozent aller Anzeigen mit einer Klärung der Delikte, immerhin knapp drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Laut Halbjahreskriminalitätsstatistik, die das Innenministerium am Freitag veröffentlichte, ist die Anzahl von Anzeigen heuer um 6,5 Prozent auf 251.795 Fälle zurückgegangen. Das ist der niedrigste Wert seit zehn Jahren.

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Ein Trend, der sich bereits im zweiten Halbjahr 2016 abzeichnete, hat sich auch in den ersten sechs Monaten 2017 fortgesetzt: Die Einbrüche in Wohnungen und Wohnhäuser sanken weiter (6.547 Anzeigen). Dämmerungseinbrüche in den Wintermonaten wurden ebenfalls reduziert. Die Zahl der Anzeigen ging diesbezüglich im Vergleich zum 1. Halbjahr 2016 (6.947 Anzeigen) um 400 zurück. Auch der Diebstahl von Pkws, Lkws und Krafträdern sank von Jänner bis Juni um 4,9 Prozent auf einen historisch tiefen Wert von 1.282 Anzeigen.

Ebenfalls positive Nachrichten gibt es bezüglich der Gewaltdelikte. Nach einem Anstieg im Jahr 2016 liegt die Zahl der Anzeigen derzeit bei rund 20.600, was einem Rückgang von über 1.000 Anzeigen entspricht (1. Halbjahr 2016: 21.656 Anzeigen).

Cybercrime: plus 23 Prozent

Internetkriminalität stieg dagegen nach der ersten Datenerhebung erneut um beinahe 23 Prozent. Mit 7.541 Anzeigen wurde zum Stichtag 1. Juli ein neuer Rekordwert erreicht. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität stiegen die Zahlen um 3,3 Prozent von 26.175 auf 27.036 Anzeigen.

Der Anstieg beweist auch, dass sich Betroffene von Cybercrime-Attacken immer öfter mit Anzeigen zur Wehr setzen. Das Bundeskriminalamt hat dafür die Meldestelle against-cybercrime@bmi.gv.at eingerichtet. Zum Schutz vor IT-Kriminalität empfiehlt die Kripo u. a.: regelmäßige Updates von Antivirenprogramm und Firewall; dubiose Mails von Unbekannten sofort löschen; Banken fordern nie per E-Mail Zugangsdaten; Finger weg von Shoppingportalen ohne Impressum und UID-Nummer; Bezahlung nur über verschlüsselte Verbindung (https); beim Online-Banking die offizielle Adresse der Bank immer direkt eingeben.

Den größten Anzeigenrückgang verzeichneten Niederösterreich (minus 8,6 Prozent), das Burgenland (minus 8,4) und die Steiermark (minus 8,3), gefolgt von Oberösterreich (minus 7,1), Wien (minus 6,7), Tirol (minus 5,7), Salzburg (minus 4,1) und Kärnten (minus 3,9). Lediglich in Vorarlberg gab es 1,9 Prozent mehr Anzeigen.

40 Prozent der Verdächtigen sind "Fremde"

131.707 Tatverdächtige wurden im ersten Halbjahr bereits ausgeforscht. Davon besaßen 78.646 die österreichische Staatsbürgerschaft, 53.061 hatten den Status eines Fremden. Das entspricht 40,3 Prozent und somit einer Steigerung um 0,5 Prozent gegenüber 2016. Von den fremden Tatverdächtigen waren 10.079 Asylwerber (2016: 11.183), was einem Rückgang um 9,9 Prozent entspricht, und 2.487 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet Aufhältige (plus 17,8 Prozent).

"Ich bedanke mich für den vorbildlichen Einsatz und das Engagement", sagte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Der scheidende Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, erklärte: "Die Zahlen verdeutlichen, dass die Arbeit der Polizeibeamten Wirkung zeigt. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir Entwicklungen in den Bereichen Terrorismus, Schlepperei und natürlich auch Internetkriminalität nicht verschlafen dürfen. Hier braucht es Rückendeckung und Instrumente, um die Sicherheit nicht ernsthaft zu gefährden. Andere Staaten in Europa sind hier in vielen Bereichen weit voraus." (APA, simo 4.8.2017)