Katastrophenhilfseinsatz im Wahlkampf: Kanzler Kern im obersteirischen Oberwölz ...

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

... Minister Hans Jörg Schelling, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Landeshauptmann-Vize Michael Schickhofer beim Grazer "Unwettergipfel".

Foto: APA/ÖVP/JAKOB GLASER

Aufräumarbeiten nach Überschwemmungen und Murenabgängen in Oberwölz.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Graz – "Wir haben schlaflose Nächte hinter uns, tausende Menschen sind betroffen", illustriert der steirische Katastrophenschutzreferent, Landeshauptmannvize Michael Schickhofer (SPÖ) die dramatische Situation in der Obersteiermark, wo zahlreiche Ortschaften und Bauernhöfe am Wochenende von schweren Unwettern überzogen wurden. 16 Gemeinden wurden zu Katastrophengebieten erklärt.

Mehr als tausend Feuerwehrleute waren auch zu Wochenbeginn im Einsatz, um Wohn- und Landwirtschaftsgebäude von Schlammmassen zu befreien. Eile war geboten, es drohen in den nächsten Tagen weitere Unwetter.

"Unwettergipfel"

Auch der rote Schickhofer war am Montag von Landshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zu einer rasch einberufenen Pressekonferenz im Weißen Saal der Grazer Burg eingeladen, seine Betroffenheit über die Unwetterschäden darzulegen. Alles andere hätte wohl zu einer gröberen politischen Verstimmung geführt.

Denn der eigentliche Grund für den großen Medientermin war für Schützenhöfer wohl die Anwesenheit von Parteifreund und Außenminister Sebastian Kurz sowie von Finanzminister Hans Jörg Schelling, die zum "Unwettergipfel" nach Graz gekommen waren.

Dass die Unwetter jetzt, mitten im anlaufenden Wahlkampf, losbrachen, mag für die Betroffenen auch ein wenig Glück bedeuten. Zumal wahlkämpfende, zum Unglücksort eilende Politiker schnell mit "Soforthilfen" zur Stelle sind.

Kanzler cancelt Termin

Kurz zeigte sich natürlich nicht als – in diesem Fall kompetenzloser – Außenminister, sondern als neuer ÖVP-Chef beeindruckt von den Unwettern: "Es ist immer wieder dramatisch zu sehen, was Wassermassen und Schlamm anrichten können." Während sich Kurz in Sachen Soforthilfe an den in der Pressekonferenz neben ihm stehenden Parteifreund und Finanzminister Hans Jörg Schelling wandte – dieser sagte umgehend Hilfe zu –, cancelte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) kurzfristig seinen Termin bei den Stadtwerken in Kapfenberg und machte sich auf den Weg in Richtung Katastrophengebiet, wo für den frühen Nachmittag eine Pressekonferenz angesagt war.

Kern suchte Oberwölz auf, das bereits das fünfte Unwetter innerhalb der vergangenen vierzehn Tage zu verkraften hatte. Auch der Kanzler versprach "rasche und unbürokratische Hilfe". Es sei "herausragend, was die Retter und Helfer geleistet haben und leisten, ich bedanke mich ausdrücklich dafür", sagte er in einem Gespräch mit der Austria Presseagentur.

"Gummistiefelduell"

Es sei schon in Ordnung, dass sich Politiker in Wahlkampfzeiten in Unwetter- und Katastrophengebiete begeben, sagt der langjährige Politikbeobachter und Politikwissenschafter Peter Filzmaier. "Das symbolische Gummistiefelduell wird zwar nicht die Nationalratswahl entscheiden, aber es gilt für Wahlkämpfer in jedem Fall die politische Faustregel: Unbedingt bei Katastrophen vor Ort sein, aber nur als Krisenmanager und als Politiker, der Hilfe organisiert."

Ein absolutes No-Go seien Auftritte wie jene des ehemaligen SPÖ-Bundeskanzlers Viktor Klima im Hochwassergebiet in Gummistiefeln. "Die Menschen wollen einen Kanzler, der Hilfe managt, und keinen, der versucht, besser Schlamm zu schaufeln als die Einsatzkräfte. Das ist unglaubwürdig, das können die Profis von der Feuerwehr viel besser", sagt Filzmaier. Die Präsenz vor Ort sei jedenfalls politisch wichtig, wenn auch nicht groß wahlbeeinflussend, glaubt der Politologe.

Tatsächlich wahlentscheidend könnten aber große Naturkatastrophen sein. Beispiel dafür sei die Lawinenkatastrophe in Galtür gewesen, "wo der Tiroler Wahlkampf ausgesetzt worden war und der Erste, der Landeshauptmann, natürlich weil er in der Krise immer präsent war, gewonnen hat". (Walter Müller, 7.8.2017)