Das Hightech-Gewächshaus soll ab Ende des Jahres die Gemüsezucht im All simulieren.
Illustr.: EDEN ISS/LSG

Wien/Bremen – Ein Wissenschafter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird sich demnächst im ewigen Eis als Gärtner betätigen. In dem speziellen Gewächshaus in der Antarktis, das mit Beteiligung der Wiener Weltraum-Architekturplattform Liquifer entstand, wird getestet, wie Gemüse für künftige Mond- und Marsbewohner gezogen werden kann. Der Start in den kalten Süden erfolgt im Oktober.

Die Antarktis wurde als Standort ausgewählt, um möglichst unwirtliche Bedingungen für den Pflanzenanbau zu simulieren. Das Gewächshaus selbst, dessen Innenbereich von einem Team um Liquifer-Geschäftsführerin Barbara Imhof im Rahmen des EU-Projekts "EDEN ISS" mitgestaltet wurde, wird bereits seit einiger Zeit in Bremen erfolgreich betrieben.

Mit einem Ertrag von rund zehn Kilo pro Woche fällt die High-Tech-Ernte auch durchaus üppig aus. "Ich war im Mai dort und habe Tomaten, Gurken, Radieschen und kleine rote Paprika mitgenommen. Keine von zehn Personen, die das Gemüse dann gegessen haben, hat etwas Negatives darüber gesagt. Hätte ich die Herkunft nicht aufgelöst, hätte keiner etwas bemerkt", sagte Imhof.

Bisherige Tests der Anlage in Bremen waren erfolgreich.
Foto: EDEN ISS/LSG

Hightech-Gewächshaus

Dabei ist die Produktionsweise in dem speziellen, rund zwölf Meter langen, 2,5 Meter breiten und knapp drei Meter hohen Container doch sehr unterschiedlich vom landläufigen Garten. Die Feldfrüchte werden nämlich unter ähnlichen Extrembedingungen, wie sie auf einer Weltraumstation herrschen könnten, angebaut: So werden ihre freiliegenden Wurzeln direkt mit Nährstoffen versorgt, das Licht kommt von LED-Lampen, Morgen- und Abenddämmerung werden simuliert. Ein Belüftungssystem reinigt die Luft von Pilzsporen und sterilisiert sie zudem mit UV-Licht.

Das semiautarke Modul von Innen.
Foto: EDEN ISS/Bruno Stubenrauch

Beim auf ein Jahr Laufzeit anberaumten Testlauf in der Antarktis wird nur die Luft von außen in das Gewächshaus gepumpt, die Stromversorgung erfolgt über den Hauptgenerator der Polarforschungsstation "Neumayer III" des deutschen Alfred-Wegener-Instituts, wo die Simulation stattfindet. Das System ist also semi-geschlossen. Teilweise sei man allerdings auch schon bereit für den Sprung ins All, so Imhof. Eine Moduleinheit hat bereits jene Maße, wie sie für eine Integration auf der Internationalen Raumstation ISS nötig sind. Wie dieser System-Teil funktioniert, wird DLR-Forscher Paul Zabel auf seiner frostigen Mission unter anderem ergründen.

Reise auf den Südkontinent

Davor steht dem Container und den Forschern noch eine weite Schiffreise in den antarktischen Sommer bevor: Über Bremerhaven geht es nach Kapstadt und dann weiter in Richtung Südkontinent. Die Zeit bis zum Jahreswechsel verbringt das Team mit dem erneuten Aufbau der Infrastruktur, bis dann der eigentliche Test beginnt.

Die Plattform für das Modul wurde bereits neben der Polarforschungsstation "Neumayer III" aufgebaut.
Foto: Alfred-Wegener-Institute

Die Wiener Kollegen übernehmen unterdessen gewissermaßen die Rolle der Öffentlichkeitsarbeiter der Mission, an der insgesamt 13 Organisationen beteiligt sind. Im Zuge dessen wird auch eine Filmdokumentation entstehen, so Imhof.

Das Interesse an dem Projekt sei jedenfalls groß. So wird "EDEN ISS" auch bei einer für Ende Februar kommenden Jahres angesetzten Konferenz zum Thema "Vertical Farming" – also zu Formen der zukunftsträchtigen Lebensmittelproduktion in Ballungsräumen – in Wien präsentiert. Imhof: "Was wir hier für den Weltraum entwickelt haben, ist ja eigentlich auch für die Erde sehr interessant und mit den gleichen Systemen nutzbar." (APA, red, 16.8.2017)