Mario Wurmitzer hat ein Neo-Volksstück geschrieben.

Foto: Christian Mair

Die neuen Horváth-Figuren unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von ihren Vorfahren. Der Rummelplatz von Kasimir und Karoline ist dem Wiener Wurstelprater gewichen. In Mario Wurmitzers Neo-Volksstück Werbung Liebe Zuckerwatte haben auch andere Neuerungen Platz gegriffen: Die Fräulein sind selbstbewusster geworden.

Kerle in prekären Arbeitsverhältnissen schießen aber noch immer Stoffkrokodile für ihre Verlobten. Marie und Franz finden sich in einer Riesenradgondel wieder. Warum? Ein Autor in einem "Wärterhäuschen" fantasiert über die beiden einen szenischen Text zusammen. Terrorwarnungen ziehen wie Gedankenblasen über das Wiener Wahrzeichen hin. Noch immer sprechen die "kleinen Leute" das aus, was sie unmöglich meinen können.

Schlag- und Reizwörter

Jeder Anflug von wahrer Empfindung kommt als verdrehte Kalenderweisheit heraus. Und doch stellt Jungdramatiker Wurmitzer (25) die Ideologieschraube neu ein. Preise, Nominierungen und Stipendien hat es für den gebürtigen Mistelbacher bereits gegeben. Werbung Liebe Zuckerwatte, ein drei Jahre alter Text, zwingt die Schlag- und Reizwörter "Terror", "Populismus" und "Volksstück" unter das Holzdach einer Pratergondel zusammen.

Das Geschehen entpuppt sich als Rückblick. Als Strippenzieher fungiert ein "Parteivorsitzender". Die Terrorgefahr erweist sich als Blendwerk von Politikern, die ihre Existenz als "politische Hoffnungsträger" zu rechtfertigen suchen.

Wurmitzers vielschichtige Talentprobe wird im Reichenauer Thalhof von Prinzipalin Anna Maria Krassnigg (Regie) uraufgeführt. Unter den Mitwirkenden finden sich u. a. Maxi Blaha und Martin Schwanda. (poh, 8.8.2017)