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Alexej Uljukajew steht in Moskau wegen Korruption vor Gericht.

Foto: EPA/MAXIM SHIPENKOV

Kurzärmliges Hemd statt Nadelstreifenanzug: In dem kurzgeschorenen, hageren Brillenträger mit den tief herabhängenden Mundwinkeln und der blauen Umhängetasche, der am Montag vor dem Moskauer Gericht erschien, war der einstige Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew kaum wiederzuerkennen. Sichtlich gealtert schien der 61-Jährige, der die vergangenen neun Monate unter Hausarrest verbracht hat.

Uljukajew besitzt das zweifelhafte Privileg, als erster amtierender Minister in Russland unter Wladimir Putin festgenommen worden zu sein. Bis Uljukajew vor laufenden Kameras in Handschellen gelegt und der Erpressung von Bestechungsgeld angeklagt wurde, galt die oberste Führungskaste in Regierung und Kreml als unantastbar. Trotz zahlreicher Korruptionsskandale in der Vergangenheit musste sich bisher noch kein Minister vor Gericht verantworten.

Nicht wenige Beobachter vermuten daher, dass hinter der Affäre um die angebliche Erpressung des Rosneft-Chefs Igor Setschin ein Machtkampf der verschiedenen Kremlfraktionen um Einflusssphären und die Aufteilung der knapper gewordenen Ressourcen steckt. Uljukajew gehörte dem sogenannten liberalen Flügel in der Regierung an. Der gebürtige Moskauer hatte noch zu Sowjetzeiten an der bekannten Lomonossow-Uni Ökonomie studiert und gehörte Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre zu den Reformern unter Premier Jegor Gaidar, für dessen Regierung er als Berater arbeitete.

Im Gegensatz zu anderen Liberalen, die nach der Amtsübernahme Wladimir Putins in die Opposition wechselten, war der Finanzfachmann weiterhin gefragt. Als Vizefinanzminister und später stellvertretender Chef der Zentralbank hatte er über Jahre leitende Positionen inne. Die Ernennung zum Wirtschaftsminister 2013 schien der Höhepunkt der Karriere.

Freilich wurde schon längere Zeit an seinem Ast gesägt. Schon lange vor der Festnahme wurde Uljukajew vom Geheimdienst überwacht. International tauchte sein Name ebenfalls in einer Korruptionsaffäre auf. In den Panama Papers sind sowohl seine zweite Frau Julia als auch sein Sohn Dmitri aus erster Ehe (beide übrigens 1983 geboren) als Inhaber von Offshore-Firmen aufgeführt. Während der Skandal für ihn keine Folgen hatte, dürfte die Verstrickung in die Bestechungsaffäre das Ende seiner Karriere bedeuten. Bei einer Verurteilung drohen ihm 15 Jahre Haft. (André Ballin, 8.8.2017)