Nun ist es experimentell bewiesen: Bier kann beim assoziativen Umgang mit Worten hilfreich sein.

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Graz/Wien – Die Liste der Künstler und insbesondere der Schriftsteller, die sich ihre Kreativität mit Alkohol "ertrunken" haben, ist lang. Und nicht wenige haben sich auch mehr oder weniger planvoll zu Tode gesoffen. Doch ist an dem Klischee etwas dran, dass Alkohol auch deshalb eine Künstlerdroge ist, weil er kreativ macht?

Ein österreichisches Forscherteam um Aljoscha Neubauer vom Institut für Psychologie der Universität Graz ist dieser Frage experimentell nachgegangen. Seine Studie, die kürzlich im Fachblatt "Consciousness and Cognition" publiziert wurde, liefert durchaus eine Bestätigung für die Annahme.

Zwei wichtige Einschränkungen

Allerdings legen Erstautor Mathias Benedek und seine Kollegen Wert auf zwei wichtige Einschränkungen: Zum Ersten wäre die Verallgemeinerung falsch, dass Kreativität durch Alkohol generell gefördert wird. Zum Zweiten sind die positiven Effekte vermutlich auf sehr geringe Mengen von Alkohol beschränkt.

An der Untersuchung, die diese Ergebnisse lieferte, nahmen insgesamt 70 Probanden zwischen 19 und 32 Jahren und ohne auffälligen Alkoholkonsum teil. Je nach Geschlecht und Gewicht durfte eine Hälfte der Studienteilnehmer gerade so viel Bier trinken, um einen Blutalkoholspiegel von 0,3 Promille zu erreichen. Das gelang bei Männern im Normalfall durch das Trinken von einem großen Bier, während Frauen diese leichte Intoxikation durch ein kleines Bier erreichten.

Zur Kontrolle: Bier ohne Alkohol

Die Kontrollgruppe erhielt in ganz ähnlichen Mengen alkoholfreies Bier, das optisch und geschmacklich vom alkoholhaltigen kaum zu unterscheiden war. Die Teilnehmer in beiden Gruppen gingen jedenfalls davon aus, geringe Mengen Alkohol getrunken zu haben. Größere Alkoholmengen kamen auch deshalb nicht zum Einsatz, weil die Probanden ansonsten wohl bemerkt hätten, ob sie Bier mit oder ohne Alkohol getrunken haben.

Vor und eine halbe Stunde nach dem Bierkonsum mussten die Studienteilnehmer drei psychologische Tests absolvieren: Sie sollten nach der Präsentation von einzelnen Buchstaben auf einem Bildschirm erkennen, ob der aktuell sichtbare Buchstabe mit dem jeweils zwei Zeichen zuvor gezeigten übereinstimmt. Damit wurde die Leistung des Arbeitsgedächtnisses überprüft.

Überprüfung der Kreativität(en)

Formen des kreativen Denkens der Probanden wurden zum einen damit getestet, dass sie zu jeweils drei nicht verwandten Wörtern einen zu allen drei passenden Begriff finden sollten. Um die Fähigkeit zum sogenannten "lateralen Denken" bzw. "kreativen Querdenken" zu testen, mussten sich die Studienteilnehmer zum anderen Ideen bezüglich des kreativen Gebrauchs gewöhnlicher Objekte einfallen lassen.

Die Auswertung der Testergebnisse zeigte, dass leichter Alkoholkonsum das "Querdenken" unverändert ließ, die Arbeitsgedächtnisleistung verschlechterte, die Fähigkeit zu kreativer Problemlösung mit Wörtern aber verbesserte. Die Interpretation der Psychologen: Alkohol lockert kognitive Kontrollen, und das wiederum fördert bestimmte Formen des kreativen Denkens (wie Wortassoziationen), andere – wie das Querdenken – aber eher nicht.

P. S.: Dieser Text wurde selbstverständlich ohne den geringsten Alkoholeinfluss, aber mit milder Koffein-Intoxikation (zwei kleine Schwarze) verfasst. (tasch, 13.8.2017)