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Da geht noch was (vorausgesetzt die Chemie zwischen Käufer und Verkäufer stimmt).

Foto: REUTERS/Max Rossi

Innsbruck – Wer sich Verkäufern gegenüber normalerweise eher distanziert als freundlich zeigt und noch nie auf die Idee gekommen ist, am Eis- oder Kebabstand ein Trinkgeld zu geben, dem ist buchstäblich etwas entgangen: und zwar eine größere Portion. Das rechnet nun eine in "Experimental Economics" veröffentlichte Studie von Innsbrucker Forschern vor. Wer nett ist, bekommt nämlich mehr, wie eine Reihe von Experimenten zeigte.

"Die Wahl zum Mitarbeiter des Monats steigert die öffentliche Reputation, während ein Kompliment beim Einkauf ein sehr persönlicher Akt ist", erklärte Michael Kirchler vom Institut für Banken und Finanzen der Universität Innsbruck, der gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Palan für die Studie verantwortlich zeichnet. "Was passiert, wenn ich das Trinkgeld schon bei der Bestellung gebe? Diese Frage stand am Anfang unserer Studie", fügte Palan hinzu. Man habe die Fragestellung dann noch ergänzt, um die Wirkung von immateriellen Anreizen wie etwa Komplimenten zu erforschen.

Testkäufer unterwegs

Die Wirtschaftsforscher schickten dazu mehrere Experimentatoren in Fastfood-Restaurants in Innsbruck und München. Diese kauften dort jeweils eine Tüte Eis, manchmal lobten sie bei der Bestellung das Produkt oder gaben ein Trinkgeld. Nach dem Kauf wogen sie das Eis ab. Das Experiment wurde in der Folge auch an Kebabständen in Graz, Innsbruck und München durchgeführt. Jeweils drei Experimentatoren gingen dabei an fünf aufeinanderfolgenden Tagen mit dem gleichen Auftrag zum gleichen Verkäufer oder zur gleichen Verkäuferin. Insgesamt kauften die Experimentatoren über 100 Tüten Eis und 800 Döner-Wraps.

Der Vergleich der gewonnenen Daten zeigte: Wer schon bei der Bestellung Trinkgeld gibt und nett zu den Verkäufern ist, erhält deutlich mehr Ware als andere Kunden, nämlich zehn Prozent mehr Eis bei Komplimenten und 17 Prozent mehr bei Trinkgeld. Zieht man die Kosten des Trinkgelds ab, fällt der Wert allerdings auf sieben Prozent. Die Daten aus den Kebab-Bestellungen untermauerten diese Ergebnisse.

"Interessant war, dass der Effekt beim Trinkgeld über mehrere Besuche gleich geblieben ist, während er bei Komplimenten deutlich anstieg und nach fünf Besuchen sogar stärker war als jener mit Trinkgeld", so Palan. Nachhaltiges Loben über mehrere Tage könne also die bevorzugte Behandlung noch einmal verstärken.

Anerkennung wird ersehnt und belohnt

"Reziprozität ist ein Konzept aus den Sozialwissenschaften, nach dem sich die Wichtigkeit von Lob und Anerkennung evolutionsbedingt sehr früh im Menschen entwickelt hat, da sie einen besseren Status in der jeweiligen Gesellschaft begründeten", erklärte Kirchler. Man zeige mit der Studie, wie dieses Prinzip in heutigen Konsumentscheidungen nach wie vor wirkt, und dass immaterielle Anreize wie Anerkennung und Lob wohl unterschätzt und monetäre Anreize eher überschätzt würden.

"Es ist zu vermuten, dass diese Mechanismen in vielen alltäglichen Konsumentscheidungen ähnlich wirken, allerdings sind die Effekte nur in speziellen, klar abgegrenzten Situationen tatsächlich quantitativ messbar", so der Wissenschafter. (APA, red, 16. 8. 2017)