Früher haben Sebastian Kurz (rechts) und Rudolf Hundstorfer noch über eine vorzeitige Anhebung des Pensionsalters nachgedacht. Heute ist das weder in der ÖVP noch in der SPÖ noch Thema.

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Wien – Die ÖVP rückt von ihrer Forderung nach einer vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsalters ab. In mehreren Medien erklärte Parteichef Sebastian Kurz am Freitag, dass er das Antrittsalter nicht vor 2024 erhöhen wolle, wie das derzeit in einem Verfassungsgesetz festgelegt ist. Er begründete dies mit dem "verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz".

In der Vergangenheit hatte die ÖVP immer wieder Anläufe genommen, das Frauenpensionsalter doch vorzeitig an jenes der Männer anzugleichen. Auch Sebastian Kurz, damals noch Staatssekretär und Chef der Jungen ÖVP, hatte im Jahr 2012 noch Handlungsbedarf bei den Frauenpensionen gesehen. Aber auch auf SPÖ-Seite hatte der frühere Sozialminister Rudolf Hundstorfer einmal laut über eine vorzeitige Angleichung nachgedacht, konnte sich letztlich aber nicht in seiner Partei durchsetzen.

Angleichung bis 2033

Nach aktueller Rechtslage wird die Angleichung somit im Jahr 2024 beginnen. Bis 2033 wird das Frauenpensionsalter dann schrittweise von 60 auf 65 – wie jetzt schon bei den Männern – steigen.

Kritiker des niedrigeren Pensionsalters wenden gerne ein, dass dieses auch dazu führe, dass Frauen eine niedrigere Pension bekommen – schließlich hängt diese von der Zahl der Versicherungsmonate ab. Wie berichtet bekommen Frauen aktuell im Schnitt nur 904 Euro Pension. Das ist um 38 Prozent unter dem Wert der Männer (1.466 Euro).

FPÖ fragt sich, was gilt

Die FPÖ hält den Kurswechsel von Kurz für nicht glaubwürdig. Generalsekretär Herbert Kickl verwies am Freitag darauf, dass zwar der ÖVP-Obmann nun eine vorzeitige Anhebung ablehne, seine Nummer drei auf der Bundesliste, Josef Moser, als Präsident von EcoAustria und die zweite auf der Wiener Landesliste, Theres Niss, als Junge Industrie-Chefin aber genau das fordern.

"Haben Leute wie Moser und Niss, die angeblich wegen ihrer Expertise geholt wurden, in der ÖVP etwas mitzureden oder sind sie nur Staffage? Was gilt jetzt in der ÖVP in Sachen Frauenpensionen?" fragt Kickl. Der FPÖ-Generalsekretär fragt sich weiters, ob die ÖVP nach der Wahl "die Kehrtwende der Kehrtwende" macht oder ob Moser und Niss die Kehrtwende mitmachen.

Nicht freiwillig

Die Grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner meinte, der Verzicht von Kurz auf die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters sei nicht ganz freiwillig. "Abgesehen von der fehlenden, aber notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit, lässt sich dieses Unterfangen allein schon aus rechtlichen Gründen nicht mehr umsetzen: Selbst im Fall einer Beschlussfassung im Jahr 2018 könnte eine entsprechende Regelung frühestens 2022 in Kraft treten und sie würde kein Geld sparen, sondern nur die höheren Kosten in den kommenden 25 Jahre nach hinten verschieben", meinte Schwentner.

Klar für eine vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters sind nach wie vor die Neos. Frauensprecherin Claudia Gamon bezeichnete die Ablehnung dieser Maßnahme als unverantwortlich, weil dies nicht nur eine Entlastung des Pensionssystems, sondern auch den Frauen eine höhere Pension brächte.

Noch unter Dohnal entschieden

Die Entscheidung, das Frauenpensionsalter erst ab 2024 an jenes der Männer anzugleichen, entstammt noch der Ära der mittlerweile verstorbenen früheren Frauenministerin Johanna Dohnal (SPÖ). 1992 einigte man sich auf diesen extrem langen Übergangszeitraum. Als Argument diente die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, die es zuerst zurückzudrängen gelte.

Aus der Lebenserwartung lässt sich die Begünstigung der Frauen beim Pensionsantritt jedenfalls nicht ableiten. Frauen werden nämlich laut Daten der Statistik Austria im Schnitt deutlich älter (83,3 Jahre bei Frauen, 78 Jahre bei Männern).

Andererseits sind die tatsächlichen Unterschiede beim Pensionsantritt deutlich geringer als die gesetzlichen. So gingen im ersten Halbjahr 2017 Männer im Schnitt bereits mit 61 Jahren und drei Monaten in Pension, also fast vier Jahre vor dem gesetzlich eigentlich geplanten Alter.

Frauen verabschiedeten sich im Schnitt mit 59 Jahren und vier Monaten in die Pension, die meisten arbeiten also tatsächlich bis zum gesetzlichen Antrittsalter. (red, 18.8.2017)