Cover aktueller "Zur Zeit"-Ausgaben.

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Mitarbeitern der "Krone" und erst recht der "Ganzen Woche" bleibt selbst in Pension nichts verborgen, das musste diese Woche "Heute" einräumen. Leider setzen sie ihre Energien nicht immer dort ein, wo sie am dringendsten gebraucht würden. Astrologin entlarvt falschen Prinz Harry, hieß es in dem Gratisblatt, als gäbe es derzeit unter dem Firmament nichts Wichtigeres zu entlarven. Als Astrologin der "Krone" und der "Ganzen Woche" blickte Adelinde Rumpler ein Berufsleben lang in die Sterne. In Pension schaut sie jetzt oft auch ins Internet. Denn die fidele Seniorin twittert gern. Und wie früher die Sterne interessiert sie nun der Glanz von Stars. Da war es nur naheliegend: Auch auf Briten-Prinz Harry ist Rumpler neugierig.

Womit der falsche Prinz entlarvt war

Auf einem von mehreren (angeblichen) Twitter-Accounts des Royals fand sich eine Einladung, Harry zu schreiben. Gelesen, getan, die Sterndeuterin versuchte ihr Glück, war baff, als sie tatsächlich eine Antwort erhielt, und ersuchte den Royal, von diesem Erfolg ermutigt, auch das St.-Anna-Spital für krebskranke Kinder in Wien zu unterstützen. Eine schöne Idee, auch Harry schien angetan, sagte eine große Spende zu und schrieb, er hätte Frau Rumplers Adresse an die liefernde Firma weitergeleitet. Diese entpuppte sich als ein "diplomatischer Dienst" in Boston (USA), der vor Zustellung ihres Pakets vom "Kensington Palace" 850 Dollar Versandgebühr verlangte.

Womit der falsche Prinz Harry entlarvt war. Allerdings nicht, wie es sich für eine Astrologin gehört hätte, durch Surfen in den Sternen. "Ich möchte andere warnen", begründete sie ihren Auftritt in "Heute". Hätte sie doch nur nach einem Blick ins Internet die SPÖ vor ihrem Wahlkampfberater gewarnt! Was hätte sie an antisemitischen Ausfällen der wüstesten Art in FPÖ-nahen Gefilden verhindern können!

Kennt die Heuchelei keine Grenzen

Die parteioffiziellen Anbiederungsversuche an Israel, unterstützt durch Funktionärsreisen nach Israel, sollen überdecken, was sich, nur mühsam unterdrückt, an einschlägigem Gedankengut in dieser Partei noch immer hält. Aber wenn es gilt, auf andere zu zeigen, kennt die Heuchelei keine Grenzen.

Bei Sebastian Kurz macht betroffen, wie populistisch er den besonders auch christlich-sozial genährten Antisemitismus nutzt, um seine populistischen Spielchen umzusetzen, heißt es etwa in der letzten Nummer von "Zur Zeit". Da öffnet er in Statements die christ-demokratische ÖVP flugs für Muslime und Atheisten, um sich auf den Begriff Volkspartei zu stützen, der Breite verlangt. Eine Definition, welche agierenden ÖVP-Politikern Dach bieten soll, jüdische Persönlichkeiten aber im Regen stehen lässt.

Markenzeichen deutschblütigen Schrifttums

Und weiter: Der Universitätsstandort Wien ist anlässlich der Hochschülerschaftswahlen 2017 von unsagbaren Skandalen von Antisemitismus, Xenophobie und Misogynie erschüttert, das führt unmittelbar in die Jugendpolitik auch der von Kurz geführten Jungen ÖVP. Da ist man in der FPÖ ganz streng. Der Skandal ist arg genug, auch versöhnende Aufarbeitung durch Handreichung an die Jüdische Hochschülerschaft unterbleibt.

Nicht genug damit. An der Politischen Akademie der ÖVP, welcher Kurz vorsteht, wurde eine enge Zusammenarbeit im (sic!) jenem International Republican Institute eingegangen, welches vom US-Senator Mc Cain geleitet wird, der in der Ukraine dadurch aufgefallen ist, dass die Kollaboration mit antisemitischen Kreisen substantiell geführt wurde. Der verschrobene Stil ist Markenzeichen deutschblütigen Schrifttums, wie man es bei "Zur Zeit" pflegt. Da fehlt jetzt nur noch die große Ermahnung. Österreich hat eine große Hypothek aus der Vergangenheit - die in anderen Teilen des Blattes gern gepflegt wird -, auch die Geburtsjahrgänge der 80erJahre haben sich der Verantwortung zu stellen. Und nicht nur diese, aber wem sagen die das.

Nicht alle in der Volkspartei fühlen sich gestört

Wenn die FPÖ in der Kurz-ÖVP so viel Antisemitismus entdeckt, wird das kein Hindernis für gemeinsames Regieren sein, sollte es sich technisch ausgehen. Umgekehrt, nicht alle in der Volkspartei fühlen sich von antisemitischen Rülpsern gestört, obwohl es Andreas Mölzer in seinem Editorial doch so scheinen will, als wollten gewisse Bereiche der Volkspartei eine mögliche Koalition zwischen der Kurz-ÖVP und der Strache-FPÖ für die Zeit nach den Wahlen unmöglich machen. Die Freiheitlichen werden als völlig untauglich für eine Regierungsbeteiligung dargestellt, jammert Mölzer, aber man kann ihn diesbezüglich beruhigen. Das gilt nicht einmal im Burgenland, warum sollte es unter Sebastian Kurz gelten? (Günter Traxler, 19.8.2017)