Schwerbewaffneter Polizist im Zentrum von Turku.

Foto: LEHTIKUVA/Roni Lehti

Helsinki – Die Hintergründe der Messerattacke vom Freitag in der südfinnischen Stadt Turku mit zwei Toten und sechs Verletzten blieben auch am Sonntag noch unklar – was die Angst vor Terror befeuerte und die Gräben in der finnischen Gesellschaft weiter zu vertiefen drohte. Ein 18-jähriger Marokkaner soll gezielt Frauen angegriffen haben. Bei zwei verletzten Männern handelt es sich um Muslime, die den Frauen zu Hilfe geeilt waren.

Am Sonntag wurde eine landesweite Schweigeminute abgehalten, zudem versammelten sich hunderte Menschen in Turku, um der Opfer zu gedenken.

Aufruf zur Besonnenheit

Die Regierung reagierte auf den mutmaßlich ersten derartigen Terrorakt in Finnland mit Aufrufen zur Besonnenheit. Premier Juha Sipilä zeigte ich betroffen, und Innenministerin Paula Risikko appellierte, den "Kreislauf des Hasses" nicht durch Spekulationen zu stärken. Tatsächlich hatte der mutmaßliche Täter, der weiterhin intensivmedizinisch behandelt wurde, am Samstag Morddrohungen erhalten. Erzbischof Kari Mäkinen betonte, man müsse sich eingehend damit befassen, was den jungen Mann, der "auch einer von uns" sei, zu seiner Tat veranlasst habe.

Die Polizei, die für ihr rasches und maßvolles Einschreiten gelobt wurde, führte Hausdurchsuchungen durch und wollte den Tatverdächtigen sobald wie möglich verhören.

Im Visier der Polizei stehen fünf weitere Marokkaner, von denen vier in Gewahrsam sind. Der fünfte Mann wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Sie stehen aber nicht unter direktem Tatverdacht.

Doch auch Rufe nach einer verschärften Politik wurden laut. Der Chef des Verteidigungsausschusses im Parlament, Ilkka Kanerva, bezeichnete die bestehenden Sicherheitsregeln als "unzureichend". Weiter gingen die Wahren Finnen. Deren Chef Jussi Halla-aho erneuerte seine Forderung nach Internierung und sofortiger Abschiebung abgewiesener Asylsuchender. Der tatverdächtige 18-Jährige soll ein solcher Fall sein.

Russlands Polizei dementiert

Russland hat unterdessen zu dementieren versucht, dass es sich bei einer Messerattacke am Samstag in der sibirischen Stadt Surgut ebenfalls um einen Terroranschlag gehandelt habe. Der Mann, der sieben Menschen verletzt hatte, bevor er von der Polizei erschossen wurde, sei womöglich psychisch krank gewesen. Zahlreiche Internetuser, unter anderem der Oppositionelle Alexej Nawalny, bezweifelten das und sprachen weiter von Terrorismus. (Andreas Stangl, 21.8.2017)