Bild nicht mehr verfügbar.

Für die Produktion der Beeren braucht es meist ziemlich viel Wasser. Die Ansprüche der Konsumenten versucht man trotzdem zu erfüllen. Manche Produzenten probieren es mit dem Anbau im Glashaus oder im Plastikzelt, andere versuchen es mit neuen Sorten. Das Ziel: Erdbeeren auch außerhalb der Erdbeersaison.

Foto: Reuters / Eric Vidal

Wien – Die Erdbeersaison ist vorbei, die Felder in Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark und im Burgenland sind abgegrast. Vier bis sechs Wochen bleiben dafür hierzulande ab Anfang Juni Zeit. Zur Hochsaison geht es so richtig zur Sache. Im Lebensmittelhandel werden rund 9900, über Direktvermarktung oder Selbstpflücker 2100 Tonnen abgesetzt. Im Handel liegen zu dieser Zeit besonders viele heimische Beeren in den Regalen.

Zumindest wenn das Wetter mitspielt. Heuer war das nicht überall der Fall. Der Ertrag bei den burgenländischen Erdbeerbauern etwa lag, je nach Lage, 40 bis 60 Prozent unter dem Vorjahr, sagt Tibor Vertes von der burgenländischen Landwirtschaftskammer. Immerhin: Der zu erzielende Preis war höher. Am Ende stimmt die Rechnung. Angesichts des Klimawandels gelte es aber die Sortenauswahl zu überdenken, sagt Vertes.

El Santa heißt die Nummer eins

Auf Österreichs Feldern wächst mit fast 80 Prozent überwiegend die Erdbeersorte El Santa, Tendenz rückläufig. Der Hauptgrund: El Santa produziert die sechs Wochen wie ein Weltmeister. Die Beere ist aber nicht perfekt, sagt der Agrarwissenschafter Andreas Spornberger von der Wiener Universität für Bodenkultur. Die Farbe sei verlockend rot, der Geschmack gut, aber nicht überragend. "Außerdem ist sie anfällig für Pflanzenkrankheiten, und das Fruchtfleisch ist mittelfest."

Die richtige Frucht von den über tausend bekannten Sorten anzubauen oder neue zu züchten ist eine Kunst für sich. Denn die Beere, die botanisch gesehen eine Sammelnussfrucht ist, ist eine Prinzessin auf der Erbse. Manch eine übersteht die Lagerung nicht, ohne gesunde Inhaltsstoffe zu verlieren. Andere werden im Körberl rasch unansehnlich, wieder andere kommen mit manchen Bodenverhältnissen nicht zurecht.

Hellrot zieht mehr als dunkelrot

Die Konsumenten wollen, dass sie hellrot ist. Dunkelrot empfinden sie als überreif. Ist die Beere fest, ist das für den Handel gut, der Konsument empfindet sie dann zu nahe an der Gurke. "Außerdem wird der Geschmack wieder wichtiger", sagt Fertes. Sortenentwickler investieren viel Geld auf der Suche nach der Superbeere. Im großen Stil in Spanien, Italien und in den USA. Holger Brandt, der für den Obst- und Gemüsevermarkter San Lucar Produkte und Märkte entwickelt, hat eben in den USA Testfelder besucht. Die Erdbeeren, die San Lucar vertreibt, kommen auch in Österreichs Handel in die Regale.

Millionenaufwand

Einige Millionen Euro würde San Lucar investieren, bis so eine Beere konsumreif ist, sagt Brandt. Allein die Lizenzrechte gingen in Millionenhöhe. Auch der Betrieb eines Testfeldes kostet. Gentechnik würde sich in diesem Bereich nicht lohnen, deswegen setzt man auch in den USA auf langwierige traditionelle Züchtungsverfahren. Zuletzt wurde Victory zum Erfolg. "Sie ist länger haltbar und kann auch geschmacklich etwas." Die neue Zukunftshoffnung hat noch keinen Namen, nur eine Nummer. Sie wächst von Jänner bis Mitte Mai in Spanien. Seit acht Jahren hat man sich mit ihr beschäftigt, seit fünf Jahren intensiv. Vor zwei Jahren wurde beschlossen, dass sie kommerziell wird.

Aber brauchen wir wirklich Erdbeeren im Februar? "Vor allem jüngere Konsumenten sind gewöhnt, immer alles kaufen zu können", sagt Handelsexperte Peter Harrer von der Beratungsfirma Foley Retail Consulting. Die junge Bevölkerung wisse oft gar nicht, wann welches Obst Saison habe. "In der Saison werden regionale Lebensmittel bevorzugt, weil sie billiger und besser sind, Erdbeeren will man das ganze Jahr."

Intensive Forschung

Insofern könne die Rechnung von San Lucar durchaus aufgehen, findet auch Agrarexperte Spornberger. "Wenn jemand die richtige Beere findet, kann das schon interessant sein." Geforscht wird an neuen Beeren auch hierzulande – im kleineren Stil. Unter anderem unter Federführung der Boku und finanzieller Beteiligung der Industrie ist man etwa seit Jahren an einer neuen, aromatischen Beere dran, die für Fruchtverarbeiter interessant sein könnte. Das Problem laut Spornberger: "Das gute Aroma korreliert meist negativ mit der Fleischfestigkeit."

Genuss vor Nachhaltigkeit

Glaubt man Handelsexperte Harrer, gibt das gute Aroma für Konsumenten ohnehin nicht immer den Ausschlag. "Im Jänner zahlt man für Erdbeeren den doppelten Preis, auch wenn sie wie holländische Tomaten schmecken." Noch viel weniger ließe man sich den Genuss durch Probleme verderben. Wenn illegale Wasserentnahmen für Obst- und Gemüseanbau, wie in der Vergangenheit in Spanien, zu Problemen führten, sei dies dem Konsumenten eher egal. "Die jederzeitige und sofortige Verfügbarkeit ist kein Thema mehr, das wird eher noch mehr werden." (Regina Bruckner, 21.8.2017)