Die islamische Privatschule, die laut Wiener Stadtschulrat "nicht genehmigungsfähig" ist.

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SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar möchte, dass das Kultusamt künftig auch Konten öffnen darf, um zu sehen, ob das Auslandsfinanzierungsverbot für islamische Organisationen in Österreich eingehalten wird.

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ÖVP-Chef und für Intergrationsfragen zuständiger Außenminister Sebastian Kurz kritisiert Versäumnisse bei der Umsetzung des Islamgesetzes.

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Wien – Rund um das Islamgesetz ist am Montag ein wahrer Wettstreit zwischen SPÖ und ÖVP entbrannt. Nachdem Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) am Sonntag eine Anzeige gegen eine private Islamschule angekündigt hatte, warf ÖVP-Chef Sebastian Kurz dem Kanzleramt via Ö1 vor, zu wenig Personal ("nur eine Handvoll Mitarbeiter") für den Vollzug des Islamgesetzes bereitzustellen.

Das ließ die rote Staatssekretärin Muna Duzdar nicht lange auf sich sitzen. Wenige Stunden später plädierte auch sie für mehr Personal und Budget für das Kultusamt, das für den Vollzug zuständig ist. Zusatz, der als Spitze gegen die ÖVP zu verstehen war: Dafür sei das Finanzministerium zuständig.

Wirtschaftsprüfer einschalten

Und Duzdar legte gleich noch nach: Sie wolle, dass Wirtschaftsprüfer künftig die Finanzen von Institutionen, die dem Islamgesetz unterliegen, prüfen. Sollten sich Verdachtsmomente ergeben, dass gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung verstoßen wird, solle das Kultusamt, ähnlich wie das jetzt schon bei Finanzstrafverfahren möglich ist, auch Konten öffnen können.

Das Bildungsministerium hat Anzeige gegen eine islamische Privatschule in Wien wegen fehlender Genehmigung eingebracht. Eine Untersuchung läuft.
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Die ÖVP habe damit kein Problem, reagierte wiederum prompt das Kurz-Büro. Man habe schon 2015 die Aufwertung des Kultusamtes zu einer "echten Religionsbehörde" gefordert, damals sei der Minister aber noch von der SPÖ kritisiert worden, weil er eine "Religionspolizei" schaffen wolle.

Zwischenbericht vorlegen

Am Dienstag will Duzdar nun im Ministerrat einen ersten Zwischenbericht über das Islamgesetz vorlegen – darauf hatte die ÖVP seit Monaten gedrängt. Dann soll über das weitere Vorgehen beraten werden.

Der Wiener Stadtschulrat kam jedenfalls noch am Montag der Hammerschmid-Anweisung nach und zeigte eine private Islamschule in Wien-Liesing beim Magistratischen Bezirksamt, also der zuständigen Verwaltungsbehörde, an. Die Anzeige bezieht sich auf das Privatschulgesetz (Paragraf 7 Abs. 1), wonach "die Errichtung einer Privatschule der zuständigen Schulbehörde mindestens drei Monate vor der beabsichtigten Eröffnung der Schule […] anzuzeigen" ist. Das sei laut einem Sprecher des Stadtschulrats bis dato nicht geschehen, es liege daher eine Verwaltungsübertretung vor, sagte er dem STANDARD.

Bis 2.180 Euro Strafe

Diese ist – sofern laut Gesetz "die Tat nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften strenger zu bestrafen ist" – mit einer Geldbuße von bis zu 2.180 Euro (oder vier Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) zu ahnden.

Hätte die islamische Privatschule des Fachvereins Imam Hatip in der Herziggasse vorab um eine Genehmigung angesucht, wäre diese jedoch nicht erteilt worden. Die Schule sei laut Stadtschulrat "nicht genehmigungsfähig". Der Stadtschulrat habe im Februar 2017 über eine anonyme Meldung Kenntnis von der Einrichtung erlangt, die "den Charakter einer Schule aufweist".

Religiöse Inhalte übermäßig vertreten

Bei einer ersten Kontrolle durch die Schulaufsicht und Juristen habe sich der Eindruck verfestigt, dass religiöse und weltliche Inhalte übermäßig vermischt würden. Der Wiener Stadtschulrat prüfe zudem weitere juristische Schritte gegen die Schule, deren Vertreter für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war. Weitere Verdachtsfälle illegal geführter islamischer Privatschulen in Wien seien laut Stadtschulrat "nicht bekannt".

Die Schule in der Herziggasse ist eine weiterführende Schule, alle Schüler sind über 15 Jahre alt und damit nicht mehr schulpflichtig. Die Zeugnisse der Schüler werden in Österreich nicht anerkannt. In der Türkei würden sie aber gelten, sagt Efgani Dönmez, früherer grüner Bundesrat und neuerdings ÖVP-Kandidat, im STANDARD-Gespräch. Die Absolventen würden häufig mit einem theologischen Studium zurückkehren – damit sei der Abschluss "durch die Hintertür gültig".

Dönmez erklärt, dass die islamische Bewegung Milli Görüs hinter den Imam-Hatip-Schulen stehe. Ihr Ziel sei es, europaweit Schulen zu etablieren, um eine tief religiöse Jugend in der Diaspora heranzuziehen. Damit könne sich die Bewegung auch in Europa Einfluss sichern. Dönmez fordert mehr Transparenz bei der Finanzierung durch ausländische Vereine.

Spenden aus dem Ausland

Über die deutsche Milli-Görus-Zentrale in Kerpen wurden auch Spenden für eine Grundschule direkt neben der nun kritisierten Einrichtung in Liesing sowie für ein muslimisches Gemeindezentrum samt Imam-Schule in Linz gesammelt. Wie berichtet wurde das Linzer Projekt, das vom Verein "Austria Linz Islamische Föderation" betrieben wird, untersagt. Laut Bildungsministerium gibt es für den Verein keine Genehmigung.

In Deutschland wird Milli Görüs vom Verfassungsschutz beobachtet. In den österreichischen Berichten des Verfassungsschutzes hat die Gruppe, die hierzulande mit mehr als 40 Moscheevereinen vertreten ist, bisher keinen Niederschlag gefunden. Allerdings habe man sie dennoch im Auge, wie ein mit der Materie Vertrauter sagt. Strafrechtlich relevante Vorkommnisse habe es bisher aber nicht gegeben. Die deutschen Kollegen würden in stärkerer Weise "politische Bewertungen" in ihre Berichte aufnehmen, heißt es.

Strache warnt vor "islamistischer Gefahr"

Angesichts der Anzeige gegen die islamische Privatschule warnte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache am Montag vor "islamistischer Terrorgefahr". Diese sei deshalb in Österreich präsent, weil SPÖ und ÖVP "den politischen Islam nicht nur tolerieren, sondern sogar unterstützen", schrieb er auf Facebook. Noch immer würden islamistische Vereine, Schulen, Kindergärten und Moscheen finanziell gefördert.

"Daher sind die friedliebenden Österreicher dieser Gefahr ausgesetzt, weil man islamistische Gegen- und Parallelgesellschaften in Österreich entstehen hat lassen", meint Strache angesichts der jüngsten Entwicklungen. Nur mit einer starken FPÖ könnten und würden der politische Islam und eine "gefährliche Islamisierung mit allen Mitteln bekämpft werden". (go, krud, mte, 21.8.2017)