ORF-Korrespondent Josef Manola aus Madrid über die weitgehende Zerschlagung der islamistischen Terrorzelle und offene Fragen

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Die Polizei fahndete nach Younes Abouyaaqoub.

Foto: Spanish Interior Ministry/Handout via REUTERS

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Schwerbewaffnete Polizisten sichern den Tatort ab.

Foto: AP Photo/Manu Fernandez

Barcelona – Die beiden Hauptverdächtigen der blutigen Attentatsserie von Katalonien sind tot. Polizisten erschossen am Montag den flüchtigen Terrorverdächtigen Younes Abouyaaqoub, der vergangene Woche einen Lieferwagen in eine Menschenmenge auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas gesteuert haben soll.

Die Polizei gab zudem bekannt, dass der mutmaßliche Kopf der Terrorzelle, der gesuchte Imam Abdelbaki Es Satty, bereits vor mehreren Tagen bei einer Explosion ums Leben gekommen sei.

Fahndung

Die tödlichen Polizeischüsse auf den 22-jährigen Abouyaaqoub fielen nach intensiver Fahndung in einer abgelegenen Region nordwestlich von Barcelona. Ein Anrainer und ein Polizist auf Patrouilleneinsatz an einem Bahnhof hatten die Einsatzkräfte informiert, wie der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero sagte.

Eine Polizeipatrouille habe den Verdächtigen dann nahe der Ortschaft Subirats zwischen Weinbergen aufgespürt und habe seine Personalien kontrollieren wollen, sagte Trapero weiter. "Der Mann hat seine Jacke geöffnet und etwas getragen, das wie ein Sprengstoffgürtel aussah", sagte der Polizeichef. "Dann haben die Polizisten ihre Waffen gezogen und den Verdächtigen erschossen."

Später habe sich herausgestellt, dass es sich bei dem Sprengstoffgürtel um eine Attrappe handelte. Abouyaaqoub sei mit Messern bewaffnet gewesen und habe bei der Begegnung mit den Polizisten "Allahu akbar" gerufen.

Großeinsatz

In Subirats berichteten Augenzeugen über den Großeinsatz. "Plötzlich haben wir viele Polizeiautos gesehen, 20 oder 25, alle mit heulenden Sirenen", sagte die Augenzeugin Roser Ventura, die 500 Meter entfernt auf einem Weingut arbeitete. Der Anrainer Arnau Gomez aus dem 300-Seelen-Dorf Subirats sagte, die Gegend sei ein ideales Versteck: "In den Hügeln gibt es viele Hütten von Saisonarbeitern."

Abouyaaqoub hatte nach Überzeugung der Ermittler am Donnerstag mit einem weißen Lieferwagen gezielt Passanten auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas umgefahren. Unter den 13 Todesopfern des mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlags, zu dem sich die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte, waren auch Kinder. Mehr als 120 Menschen wurden zudem verletzt.

Ein weiteres Opfer wurde erstochen in einem Ford Focus entdeckt, der kurz nach dem Attentat auf den Ramblas eine Polizeisperre durchbrochen hatte. Die Ermittler vermuten, dass Abouyaaqoub den Fahrer des Fords tötete, um mit dessen Auto zu fliehen.

Abouyaaqoub war das letzte Mitglied der zwölfköpfigen Terrorzelle, das noch auf der Flucht war. Die anderen wurden erschossen oder sind in Haft. Nach dem Anschlag in Barcelona soll die Zelle auch den Angriff mit einem Auto in Cambrils südlich der katalanischen Hauptstadt verübt haben, bei dem eine Frau getötet und mehrere verletzt worden waren. Die fünf Angreifer wurden dort von der Polizei erschossen.

Explosion versehentlich ausgelöst

Die Attentäter von Barcelona und Cambrils sollen vom Imam Es Satty radikalisiert worden sein, dessen Tod die Polizei in Barcelona am Montag bestätigte. Der aus Marokko stammende Imam sei bereits am späten Mittwochabend bei der Explosion in einem Haus in Alcanar südlich von Barcelona ums Leben gekommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Terrorzelle dort Bomben für Anschläge zusammenbasteln wollte.

Offenbar wurde die Explosion versehentlich ausgelöst. Nach Polizeiangaben horteten die Mitglieder der Zelle in dem Haus neben Sprengstoff 120 Gasflaschen für weitaus verheerendere Anschläge. Nach der Explosion änderten sie jedoch offenbar ihre Pläne und verübten die Attentate mit Fahrzeugen. Der aus Marokko stammende Es Satty könnte der Kopf der Terrorzelle gewesen sein, deren Mitglieder zum großen Teil aus dem Ort Ripoll am Fuß der Pyrenäen stammten. (APA, 21.8.2017)