Konflikte rund um Domains werden oft über Jahre vor Gericht ausgefochten. Auch große Konzerne vergessen, sich Namen für Außenauftritte zu sichern – für die Konkurrenz ein gefundenes Fressen.

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Wien – Noch ist kein einziger Boxhandschuh verkauft, und die erste Filiale wird erst im Herbst eröffnet. Für Norwegens Sporthandelskette XXL heißt es in Österreich dennoch Ring frei für ihr erstes Duell mit der Konkurrenz. Dieses wird sich jedoch nicht in den Geschäften, sondern wohl vor Gericht entscheiden. Gegner ist Hervis, Tochter der Spar-Gruppe, die juristisch als äußerst beschlagen gilt.

Gut ein Jahr ist es her, dass die Norweger den geplanten Einstieg in Österreich publik machten. Nägel mit Köpfen machte kurz darauf auch Hervis: Die Österreicher, die ein Fünftel des Marktes für sich beanspruchen, sicherten sich im November drei Domains für den Internetauftritt hierzulande. Alle drei bergen den Namen XXL. Wer etwa online xxl.at eintippt, landet ohne Umschweife bei Hervis.

Kritik von XXL

Der eigentliche Träger des Markennamens, der seinen Webshop demnächst unter xxlsports.at startet, zeigt dafür kein Verständnis. "Das ist Irreführung der Konsumenten", sagt Patrick Verwilligen, Chef von XXL Österreich, dem STANDARD. "Einer der Marktführer glaubt offenbar, uns kopieren zu müssen, noch ehe wir überhaupt einen Euro umsetzen." Trockener Nachsatz: "Vielleicht sollten wir uns geehrt fühlen."

XXL hat bei der Registrierungsstelle Nic.at die Sperrung der Weitergabe der Domain beantragt und mittlerweile auch erreicht. Ziel ist es, ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Rivalen zu verhindern. Auf Anfragen der Norweger habe Hervis bisher nicht reagiert, erzählt Verwilligen. "Wir prüfen nun angemessene rechtliche Schritte."

XXL eine "Größenbezeichnung"

Nach der Rechtsauffassung der Norweger kann Hervis kein legitimes Interesse dafür nachweisen, online mit XXL zu werben. Hervis sieht das anders: XXL sei eine Größenbezeichnung bei Bekleidung, erläutert Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Als Händler von Sportmode sei es Hervis daher sinnvoll erschienen, sich die Domain frühzeitig zu sichern. "Sollte jemand etwas dagegen haben, dann sehen wir dem gelassen entgegen."

Verwilligen bezeichnet das Argument der Größenbezeichnung bei Textilien als "peinlich und lächerlich". "Wir freuen uns darauf, uns am Markt beim Kunden zu messen, nicht über Spitzfindigkeiten im Web." Im Übrigen habe auch in Schweden ein Konkurrent versucht, seine Standorte auf XXL umzufirmieren bzw. um die Buchstaben, um die ein Griss herrscht, zu bereichern. "Nach einem Jahr musste er das wieder einstellen."

Mit Kopien nicht gerechnet

Verwilligen ist überzeugt, dass die Kunden die Sachlage durchschauen. "Wir bleiben daher entspannt." Rückblickend sei es aber natürlich ein Versäumnis gewesen, sich Domains nicht rechtzeitig zu sichern. "Uns war wichtig, dass wir nicht mit einem Möbelhändler verwechselt werden." Mit Kopien habe keiner gerechnet.

Ein eigenes Gesetz rund um das Domainrecht gibt es in Österreich nicht. Zur Anwendung kommen im Streitfall vor allem das Markenschutzgesetz, das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und das Namensrecht, das im mehr als 200 Jahre alten bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Bernhard Erler kommentiert die Causa XXL nicht. "Generell geht es aber immer um eine Einzelfallentscheidung", sagt der Nic.at-Jurist.

Er schätzt, dass es vor dem Obersten Gerichtshof mehr als 100 Entscheidungen dazu gibt und mehr als 1000 in unteren Instanzen. Verfahren währten oft über Jahre, was eine außergerichtliche Einigung ratsam mache. So mancher vergessene Namensschutz sei jedenfalls ein Dorado für die Konkurrenz. (Verena Kainrath, 22.8.2017)