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An das Gold im rumänischen Rosia Montana heranzukommen, ist nicht einfach: Um den wertvollen Rohstoff vom Gestein zu lösen, wird Zyanid verwendet. Dabei entsteht der abgebildete giftige Schlamm. Das Bild stammt aus der Umgebung von Rosia Montana, wo Minen aktiv sind.

Foto: Reuters/BOGDAN CRISTEL

Wien/Bukarest – Acht Anwälte sitzen am 23. September 2016 in einem Konferenzzimmer der Weltbankzentrale an der H Street in Washington, D. C., beisammen und streiten. Sie bringen Anträge und Gegenanträge ein, laut Protokoll geht es um Geheimhaltungsrechte, ein Steuerverfahren und um eine der womöglich wertvollsten Goldminen der Welt. Der Konferenzraum ist Schauplatz eines Schiedsverfahrens zwischen dem kanadischen Konzern Gabriel Resources und Rumänien.

Gabriel Resources, vertreten durch sechs Anwälte, verklagt die Regierung in Bukarest auf über vier Milliarden US-Dollar Schadenersatz. Rumänien soll den kanadischen Konzern enteignet haben, so der Vorwurf laut Gerichtsunterlagen.

Gusenbauer im Aufsichtsrat

Der Fall gilt in Rumänien als Politikum, weil es um Umweltschutz, um sagenumwobene ausländische Investoren und um viel Geld geht. Seit ein paar Tagen schwirrt der Name Gabriel Resources auch in Österreich herum. In dem Unternehmen sitzt mit Alfred Gusenbauer der ehemalige österreichische Bundeskanzler im Aufsichtsrat. Einer der großen Aktionäre mit einem Anteil von 15,6 Prozent bei dem Unternehmen ist die Beny Steinmetz Group (BSG).

Steinmetz ist vergangene Woche in Israel gemeinsam mit dem Exberater von Kanzler Christian Kern, Tal Silberstein, verhaftet worden. Noch ist nicht ganz klar, welche Vorwürfe ihnen gemacht werden. Im Fokus der strafrechtlichen Ermittlungen stehen Immobilientransaktionen von Silberstein und Steinmetz in Rumänien und frühere Geschäfte von Steinmetz in Guinea. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

300 Tonnen Gold

Davon unabhängig tobt der Rechtstreit um die Goldmine. Begonnen hat alles Anfang der 90er-Jahre nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceaușescu. Der rumänische Staat brauchte damals dringend Geld und gründete eine Reihe von Unternehmen mit dem Ziel, sie später an ausländische Investoren zu verkaufen. Eine dieser Firmen wird damit beauftragt, die Gold- und Silbervorkommen im Land zu verwalten. Das vielversprechendste Projekt betrifft die Gegend rund um den Ort Rosia Montana. Dort werden große Gold- und Silbervorkommen vermutet, die Rede ist von bis zu 300 Tonnen Gold, die unter der hügeligen Landschaft versteckt lagern.

Der rumänisch-australische Investor Frank Timis steigt mit dem von ihm in Kanada gegründeten Unternehmen Gabriel Resources ein. 1998 erhält man die Lizenz für die Schürfrechte in Rosia Montana. Gabriel Resources hält seitdem 80, der rumänische Staat rund 20 Prozent an dem Projekt.

Steinmetz unter Investoren

Timis verkauft seine Unternehmensanteile bei Gabriel Resources an eine Reihe von prominenten Investoren aus der Bergbauszene, darunter auch Beny Steinmetz.

Darüber, was in weiterer Folge passiert, wird vor der Weltbank heftig prozessiert. Laut den Anwälten von Gabriel Resources hat das Unternehmen 2006 alle notwendigen Anträge zur Genehmigung des Projektes eingebracht.

Nur mehr die umweltrechtliche Genehmigung fehlt. Um diese zu erhalten, muss ein technisches Komitee grünes Licht geben. Doch laut Gabriel zieht dieses Komitee das Verfahren in den darauffolgenden Jahren hin: Weder eine Empfehlung für oder gegen das Projekt wird abgegeben. Als Folge konnte mit den Arbeiten in Rosia Montana nicht begonnen werden. Die Lizenz für die Goldmine läuft im Jahr 2023 aus. Rumänien wolle das Unternehmen also durch seine Untätigkeit enteignen, obwohl man bereits Millionen in Planung und in Gerätschaften investiert habe.

Zyanid war im Einsatz

Wer die andere Seite zum Fall hören will, muss mit Tudor Bradatan und Stephanie Roth sprechen. Die beiden haben in Rosia Montana im Namen von Mining Watch Romania, einer auf Umweltschutz spezialisierten NGO, gegen das Projekt gekämpft. Um das Gold vom Gestein zu lösen, nutzen Unternehmen Zyanid. Die Chemikalie ist giftig. Der mit Zyanid versetzte Schlamm muss nach der Extraktion des Goldes so gelagert werden, dass er nicht in das Grundwasser verseucht. Eben dies habe Gabriel Resources nicht garantieren können, sagt Bradatan im STANDARD-Gespräch. Das Unternehmen habe zudem nicht ausschließen können, dass giftige Dämpfe in umliegenden Ortschaften verweht werden.

Das Hauptproblem Gabriels sei gewesen, dass viele der Bewohner in der Region ihre Grundstücke nicht verkaufen wollten, so der Aktivist weiter. Der Staat habe 2013 versucht, Abhilfe mit einem speziellen Gesetz zu schaffen, das die Enteignung der Grundstücke ermöglicht hätte. Doch das sorgte für Aufsehen und löste Proteste aus. Die Regierung zog zurück.

Gute Kontakte

Alfred Gusenbauers Rolle sei es, seine Kontakte zu nutzen, um politische Widerstände aus dem Weg zu bekommen, glaubt die Umweltaktivistin Stephanie Roth. Die Umweltschützer haben nicht nur in Rumänien, sondern auch bei der EU-Kommission gegen das Projekt lobbyiert. Zudem hat sich angeblich die ungarische Regierung eingeschaltet: In Budapest fürchtete man, dass Zyanid-Rückstände über den Wasserweg nach Ungarn gelangen.

Als Aufsichtsrat ist Gusenbauer selbst minimal an Gabriel Resources beteiligt, und zwar in Form einer Aktien-Sonderform. Wegen des Falles wurde auch der Verdacht laut, Gusenbauer habe auf Kanzler Kern eingewirkt, um das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) durchzubringen. Das Abkommen sieht ja Klagemöglichkeiten für Unternehmen vor. Tatsächlich braucht Kanada dafür Ceta nicht: Das Land hat ein eigenes Investitionsschutzabkommen mit Rumänien, das aus Sicht von Investoren günstiger ist. (András Szigetvari, 22.8.2017)