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Stellt Konsequenzen für Erdogan in Aussicht: EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn.

Foto: Reuters / Francois Lenoir

Wien/München/Brüssel – Für EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn ist die Einmischung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Wahlkämpfe in EU-Staaten sowie "Auslieferungsansuchen hinsichtlich vermeintlicher politischer Gegner" inakzeptabel. In der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) forderte Hahn daher von den EU-Mitgliedern, "strategische Konsequenzen" zu erwägen.

"Ich glaube, es ist an der Zeit, dass die Mitgliedstaaten diskutieren, welche strategischen Konsequenzen aus diesem Verhalten zu ziehen sind. Achselzucken alleine ist auf Dauer keine politische Strategie", sagte der ÖVP-Politiker. Konkreter wurde er nicht, was die Art der Konsequenzen betrifft.

Die Beitrittsverhandlungen mit Ankara sind aus seiner Sicht nach einem Beschluss der EU-Staaten vom Dezember, keine neuen Verhandlungskapitel mehr zu beginnen, ohnedies "de facto" eingefroren. Die Ereignisse der zurückliegenden Wochen bestätigten, "dass diese Entscheidung sowie unsere klaren Worte an die Türkei begründet und richtig waren". Die anhaltenden Entlassungen und Verhaftungen in der Türkei ohne Rechtsgrundlage zeigten, dass die Führung in Ankara "offenbar nicht gewillt ist, ihren Kurs, der sie immer weiter weg von Europa bringt, zu revidieren."

Angespanntes Verhältnis

Die Beziehungen der Türkei zu den EU-Staaten sind stark angespannt, insbesondere zu Deutschland, aber auch zu Österreich. Zuletzt hatte Präsident Erdogan die türkischstämmigen Wähler in Deutschland aufgefordert, bei der Bundestagswahl nicht für die CDU, die SPD oder die Grünen zu stimmen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) warnte Erdogan daraufhin, Ähnliches in punkto Nationalratswahl zu tun.

Die türkischen Behörden haben seit der Niederschlagung des Putsches vor einem Jahr gegen Erdogan, dem Kritiker autoritäre Tendenzen vorwerfen, rund 200.000 Menschen entlassen oder verhaften lassen, darunter sind auch Bürger von EU-Staaten. Zuletzt sorgten Fälle für Aufruhr, in denen die türkische Regierung via internationale Polizei-Organisation Interpol erreichen will, dass ihr kritisch gegenüberstehende EU-Bürger festgenommen und an die Türkei ausgeliefert werden. Österreich hat sich in der EU dafür eingesetzt, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei offiziell beendet werden, steht mit dieser Forderung unter den EU-Staaten aber alleine da. (APA, 22.8.2017)