Reicht ein Software-Update, um den Stickoxidausstoß zu verringern? Ja, sagt die Industrie. Nein, sagen Umweltorganisationen. Hierzulande werden Autos von VW, Mercedes, Renault und möglicherweise BMW upgedatet. Die anderen Hersteller bieten Prämien an.

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Der Gipfel ließ für die Dieselbesitzer einige Fragen offen – etwa wie die Hersteller garantieren wollen, dass durch die Software-Updates keine Nachteile bei der Gewährleistung entstehen. Diese sei auf jeden Fall gegeben, versicherten heute Leichtfried und Kerle. Offen ist auch noch, in welchem Umfang die Autohersteller den Autofahrern den Umstieg auf ein umweltfreundliches Auto versüßen werden.

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"ZiB"-Zusammenfassung des Dieselgipfels

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Was sie von einer Lösung ähnlich jener in Deutschland halten, haben heimische Umweltorganisationen wie Greenpeace oder Global 2000 schon vor dem Gipfel deponiert: wenig bis nichts. Ähnlich sehen das auch die Grünen: "Viel Trara, aber fast nichts für Gesundheit und Umwelt – und die AutofahrerInnen werden mit einer Ökoprämie, die diesen Namen nicht verdient, erneut hinters Licht geführt", so die grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Schmalspurgipfel, wirkungslose Updates, ministerieller PR-Gag, das sind zusammengefasst die Hauptkritikpunkte jener, die schon im Vorfeld des Dieselgipfels skeptisch waren. Vorsichtiger formulieren die Autofahrerclubs Arbö und Öamtc: Mal sehen, was daraus wird, heißt es sinngemäß.

Herausgekommen ist beim Austro-Dieselgipfel eine Lösung ähnlich jener in Deutschland. Eine Hardware-Nachrüstung, um besonders dreckige Diesel sauber zu bekommen, gibt es auch in Österreich nicht. Gefordert hatten sie im Vorfeld neben Umweltorganisationen auch die Autofahrerclubs ÖAMTC und ARBÖ. Noch nicht, vertröstet Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) auf einen weiteren geplanten Termin mit der Industrie.

Anders als bei den Nachbarn nahmen an dem Treffen mit Leichtfried am Dienstag in Wien mit Vertretern der heimischen Importeure nicht nur Hersteller aus Deutschland, sondern auch solche aus Frankreich, Spanien, Korea und Japan teil. Die Zugeständnisse sind klein. Hoch lag die Latte nach dem deutschen Gipfel ohnehin nicht, auch wenn Leichtfried erklärte, dass man das Ergebnis "aufgefettet" habe.

Freiwillige Umrüstung

Zur Erinnerung: In Deutschland haben sich die deutschen Autobauer zu einer "freiwilligen" Software-Umrüstung auf Herstellerkosten bereiterklärt. Hardware-Nachbesserungen schlossen sie aus. Zu teuer, zu wenig erfolgversprechend, nicht nötig, nicht machbar, lauteten die Argumente. Die gelten auch in Österreich. Hierzulande erhalten 600.000 Dieselautos ein ebenfalls "freiwilliges" Software-Update (wobei 300.000 davon schon vom VW-Konzern auf den neuesten Stand gebracht wurden). Allerdings erst ab dem Frühjahr 2018. Denn die meisten Hersteller müssten die Software überhaupt erst programmieren, sagt Günther Kerle, Sprecher der Automobilimporteure.

Was Kerle auch wiederholt, ist das vielfach angezweifelte Argument, mittels Software-Update würde sich der Stickoxid-Ausstoß bei den Dieselmodellen um bis zu 30 Prozent verringern. Gewährleisten wollen die Hersteller, dass sich etwa an Treibstoffverbrauch oder CO2-Ausstoß der upgedateten Autos nichts ändert.

Ebenfalls nach dem Vorbild Deutschlands kommt eine Umstiegsprämie, die Besitzer älterer Dieselmodelle zum Kauf eines Neuautos motivieren soll. "Verkaufsgag" nennt sie der heimische Verkehrsclub Österreich.

Höhe der Prämie offen

Wie hoch sie ausfallen wird, bleibt den Herstellern überlassen, die wohl in den kommenden Tagen damit an die Öffentlichkeit gehen werden. Leichtfried geht von einer ähnlichen Höhe wie bei den Nachbarn aus. Dort bewegen sich die gebotenen Zuckerln, die da wie dort die Hersteller zur Gänze schultern, zwischen 2000 und 10.000 Euro. Bei VW soll es jedenfalls bei rund 1.500 Euro losgehen, wer sich gar für ein E-Auto entscheidet, kann mit bis zu 8.800 Euro rechnen.

In Österreich will Leichtfried zumindest einen Lenkungseffekt. Bekommen soll die Prämie, die wieder einmal unter dem Schlagwort "Ökoprämie" firmiert, derjenige, der sich für ein umweltfreundliches Modell entscheidet. E-Autos könnten dann unter Einrechnung von Ökoprämie und Förderung im besten Fall um 10.000 Euro günstiger in der Anschaffung sein, stellt der Minister in Aussicht. Offen bleibt, ob es eine schriftliche Garantie der Hersteller geben muss, nicht zuletzt um die Werterhaltung beim Wiederverkauf sicherzustellen.

Sammelklage in der Schublade

Ungelöst bleibt ebenso die Frage – die auch kein Gipfelthema war –, ob vom Abgasskandal geschädigte VW-Kunden je zu einer Entschädigung kommen. Was die Forderung der Konsumentenschützer nach einem Sammelklageninstrument betrifft, rückt ein solches in die Ferne. Zwar liegt ein Entwurf seit 2007 in der Schublade des Justizministeriums, Einigung erzielte man in der Frage jedoch bislang nicht.

Hatte Minister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) noch Ende 2016 eine Umsetzung 2017 avisiert, heißt es jetzt, dass daraus wohl nichts werde. "Aus heutiger Sicht ist kein politischer Konsens absehbar." Und er scheine in Anbetracht des Wahltermins im Oktober auch nicht realistisch zu sein.

Aiginger: Tage des Verbrennungsmotors gezählt

Der Wirtschaftswissenschafter Karl Aiginger hat eine kritische Bilanz des gestrigen "Dieselgipfels" im Verkehrsministerium gezogen. Dass der Umstieg auf neuere Dieselautos propagierte wird, ist für ihn das falsche Zeichen. "Die Tage des Verbrennungsmotors sind gezählt, mit dieser Technologie geht es nicht weiter. Der Totalausstieg ist möglich", so Aiginger.

Er fordert die Wiederbelebung des Emissionshandels, Steuern auf Flug- und Schifffahrt sowie die Orientierung von Freihandelsabkommen an ökologischen Kriterien. Eine Wende in der Verkehrspolitik hin zu einer Ökologisierung wäre mittelfristig "günstiger als das dahinwurschteln", so Aiginger. "Die Frage, ob Benzin oder Diesel besser ist, ist die falsche Frage", stellte er am Mittwoch bei der Präsentation der VCÖ-Publikation "Ausgeblendete Kosten des Verkehrs" fest.

Der Verkehr sei nämlich nicht nur für ein Viertel der Emissionen verantwortlich, im Gegensatz zu anderen Sektoren würden hier auch noch die Emissionen deutlich steigen, warnt der ehemalige WIFO-Chef Aiginger, der nunmehr Leiter der "Querdenkerplattform Wien-Europa" ist. (rebu, APA, 23.8.2017)