Bild nicht mehr verfügbar.

Walmart zählt in den USA 4700 Filialen und 1,4 Millionen Mitarbeiter. Doch Wachstum winkt allein im Onlinegeschäft, in dem der Konzern trotz Milliardeninvestitionen in Zukäufe ins Hintertreffen geriet.

Foto: Reuters

Wien – Es ist eine Allianz, die ihresgleichen sucht. Walmart, größter Händler weltweit, und Google, der internationale Platzhirsch unter den Suchmaschinen, tun sich zusammen, um Amazon die Stirn zu bieten. Die US-Giganten ringen um die Kontrolle über den Zugang zu Kunden und Vormacht im Onlinehandel. Geht die Kooperation auf, geraten auch große Handelsketten in Europa unter Zugzwang.

Ab September wird Walmart in den USA Konsumenten auf Zuruf quer durchs Sortiment hunderttausende Artikel liefern – von Lego bis Waschmittel. Basis dafür ist der Sprachassistent von Google. Es ist das größte Produktangebot eines Händlers auf der Webplattform – und der Versuch Walmarts, den an Amazon verlorenen Boden technologisch wettzumachen.

Walmart kam angesichts des rasant wachsenden Rivalen, der danach strebt, alles zu verkaufen, sei es nun online oder offline, massiv ins Hintertreffen. Amazon zog jedoch auch an Google vorbei: Was es dort nicht gibt, gibt's nicht, besagte einer der Stehsätze der Internetshopper. Mittlerweile beansprucht dies Amazon für sich.

Starke Partner notwendig

Walmart wie Google bekommen nun den heißen Atem Amazons zu spüren, sagt Kai Hudetz, Chef des Instituts für Handelsforschung in Köln, dem STANDARD. "Aber wer, wenn nicht zwei der größten Konzerne der Welt können Amazon Paroli bieten?" Das Signal, das die beiden an die Branche aussenden: Es brauche extrem starke Partner, um gegen den Webriesen zu bestehen. Entscheidend aus Hudetz' Sicht wird es, wie Konsumenten ihr Suchverhalten ändern.

Christoph Langenberg, Experte des Kölner Handelsinstituts EHI, sieht in der Allianz einen Trend, der auch in Deutschland sichtbar sei. "Traditionelle Händler kooperieren mit neuen Plattformen, von denen allerdings nur einige wenige den Zugang zu Kunden regulieren und beherrschen." Auch Walmart habe offenbar erkannt, dass es im Zweifelsfall klüger sei, sich diesen anzuschließen, als in teure eigene Webshops zu investieren.

Amazon prescht in Deutschland vor

In Deutschland schloss jüngst die Drogeriekette Rossmann einen Deal mit Amazon, um ihre Waren breitflächig in Umlauf zu bringen. Als Verbündete im stationären Geschäft holten sich die Amerikaner auch Lebensmittelhändler wie Feneberg. Schuhfachhändler wiederum dockten an Zalando an, nachdem der eigene Webverkauf nicht in Schwung kommen wollte.

Langenberg ist überzeugt, dass immer mehr große Händler abwägen werden, ob es sich nicht eher lohne, mit Google oder Amazon zu kooperieren, als sich online eigene Stammkunden aufzubauen.

"Bis Amazon Walmart als größten Händler ablöst, ist es nur noch eine Frage der Zeit", sagt Harald Gutschi, Chef des Versandhändlers Unito in Österreich. Ein Konzern mit stationärer DNA brauche Vertriebskanäle wie Google. Alles andere koste zu viel Zeit und Geld.

Online und stationär wachsen zusammen

Peter Schnedlitz, Handelsexperte der Wiener Wirtschafts-Uni, prognostiziert seit Jahren die Konvergenz zwischen stationären und Onlinehändlern. Angesichts Amazon, Google, Walmart erwartet er primär "eine Schlacht um Amerika" und geringe Folgen für Europa. Zumal Walmart im deutschen stationären Handel schon vor Jahren eine Niederlage einstecken musste.

Für Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch hingegen zeichnen sich "tektonische Verschiebungen" ab, die nicht zuletzt aufgrund steuerlicher Vorteile, die Plattformen wie Amazon und Google genießen, so manchen Händler das Leben kosten werden. (Verena Kainrath, 24.8.2017)