Wien – Die Führungsspitze des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hat am Freitag angekündigt, in den nächsten Wochen die von der Studie der London School of Economics angeregten Effizienzsteigerungen in den nächsten Wochen einzuleiten. Weitere Maßnahmen soll es im Bereich der Leistungsharmonisierung, der Aufgabenbündelung und der Vereinfachung der Beitragseinhebung geben.

Der Vorstandsvorsitzende im Hauptverband, Alexander Biach, verwies in einer Pressekonferenz darauf, dass die LSE-Studie der bestehenden Struktur der Sozialversicherungen ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt habe. Er betonte zwar, dass die Politik über die künftige Struktur zu entscheiden habe. Gleichzeitig trat er aber so wie zuvor schon Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dafür ein, auf diesem System aufzubauen und es weiter zu verbessern. Wie im Modell 4 der LSE vorgeschlagen, will Biach jetzt Modelle für eine bessere Koordinierung umsetzen und Netzwerke weiter ausbauen. Hier seien rasche Ergebnisse und Verbesserungen für die Bevölkerung möglich, andere Modelle mit Zusammenlegungen von Trägern würden Jahre oder Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Um die geforderte Entlastung der Spitäler zu erreichen, setzt der Hauptverband auf den schon eingeleiteten Ausbau der Primärversorgungseinheiten. Zudem will Biach die Koordination zwischen Spitälern und niedergelassenen Ärzten verbessern, und um den Titel des Europameisters bei den Spitalszuweisungen wieder loszuwerden, setzt der Hauptverbands-Chef ebenfalls auf einen koordinierten Weg.

Mit den Bundesländern will Biach eine gesamtheitliche Sichtweise abstimmen und eine zentralere Steuerung des Systems erreichen, weil sonst keine Effizienzgewinne erzielt werden können. Er setzt dabei aber nicht auf Verfassungsänderungen oder Zwang sondern auf eine bessere Zusammenarbeit in den Zielsteuerungskommissionen.

Obwohl auch in der LSE-Studie festgestellt wird, dass die Krankenkassen seit 2016 die Verwaltungskosten von 3,7 auf 2,7 Prozent und die Sozialversicherungen insgesamt von 2,5 auf 2 Prozent gesenkt haben, unterstützt Biach den Plan Stögers bei der Verwaltung insgesamt nochmals 120 Mio. Euro einzusparen. Das vom Sozialminister vorgeschlagene Sozialversicherungsstrukturgesetz hält er aber nicht für nötig, weil die Verwaltungseinsparungen ohnehin umgesetzt werden.

Skeptisch ist Biach auch bezüglich der von Stöger gewünschten Abschaffung der Selbstbehalte, weil man deren positiven Lenkungseffekte nicht außer Acht lassen solle. Die von der Studie angeregte soziale Staffelung von Selbstbehalten gebe es zum Teil in den Trägern schon.

Bezüglich der Harmonisierung von Leistungen verwies der stellvertretende Vorsitzende Bernhard Achitz darauf, dass man dies in elf von 23 Bereichen schon beschlossen habe, wo es mit Satzungsänderungen möglich war. In anderen Bereichen müssten aber entweder Verträge oder Gesetze geändert werden, und das nehme mehr Zeit in Anspruch. Achitz bekräftigte, dass es das Ziel sei, die Leistungen auf bestmöglichem Niveau anzugleichen.

Der zweite Stellvertreter, Martin Schaffenrath, kündigte administrative Erleichterungen für die rund 700.000 von Mehrfachversicherungen Betroffenen an. So soll man bei Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage von 4.980 Euro künftig ohne Antrag automatisch eine Rückvergütung bekommen. Demnächst soll auch die monatliche Meldung der Beitragsgrundlage starten, was vor allem für Lohnverrechner Erleichterungen bringt und wodurch man aktuell ersehen kann, wo jemand versichert ist.

Die Vorsitzende der Trägerkonferenz, Ingrid Reischl, kündigte weitere Aufgabenbündelungen der einzelnen Träger an. "Es ist an der Zeit, das Schrebergartendenken aufzugeben." Alle Bereiche sollen ohne Tabus analysiert werden. Dazu gebe es drei Möglichkeiten: Ein Träger übernimmt eine Aufgabe für alle anderen, die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft (z.B. IT-SV) oder den Aufbau von Netzwerkstrukturen (z.B. gemeinsamer Einkauf von Medikamenten). Alle drei Möglichkeiten will Reischl nun weiter forcieren. So sind weitere Bündelungen im Back-Office-Bereich, beim Beschaffungswesen oder bei Ausschreibungen geplant. Auch eine gemeinsame Stelle, die allen Träger ihr Wissen beim Aufbau von Primärversorgungseinheiten zu Verfügung stellt, soll es geben. (APA, 25.8.2017)