Sebastian Kurz setzt im Wahlkampf auf die "neue Gerechtigkeit".

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Wien – ÖVP-Chef Sebastian Kurz gab am Freitag einen Ausblick auf sein Wahlprogramm und zeigte erste Plakate her, die in den nächsten Tagen affichiert werden. Auffallend ist, dass die Plakatsujets erst einmal gänzlich ohne jeden Hinweis auf die ÖVP, auch auf die neue Volkspartei auskommen. Auf den neun Plakatsujets ist nur einmal Kurz abgebildet, die anderen acht zeigen "Menschen, die uns unterstützen". Es seien jedenfalls echte Menschen, keine gecasteten Models.

Das Programm, das Kurz in den nächsten Wochen präsentieren wird, umfasst insgesamt 250 Seiten und ist in drei Kapitel gegliedert: "Neue Gerechtigkeit" ist das erste übertitelt, das zweite widmet sich dem Wirtschaftsstandort Österreich, das dritte dem Bereich Sicherheit und Migration.

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In Österreich habe sich mehr und mehr Ungerechtigkeit entwickelt, sagt Kurz, "man kann sich nichts mehr aufbauen, es wird immer schwieriger, Eigentum zu schaffen". Die Steuerbelastung in Österreich grenze an "Ausbeutung". Sein Ziel sei es, die Steuer- und Abgabenquote von derzeit 43,2 Prozent auf 40 Prozent zu senken. Das sei sehr ambitioniert, innerhalb einer Legislaturperiode aber machbar. Kurz will das mit Einsparungen erreichen, die Einführung neuer Steuern lehnt er dezidiert ab. Erbschafts- oder Vermögenssteuern kommen für ihn nicht infrage, die seien nicht gerecht.

Reform der Sozialversicherungen

Unter das Thema Gerechtigkeit fällt für Kurz auch das Gesundheitssystem, für das zwar immer mehr Geld ausgegeben werde, das sich aber dennoch in Richtung einer Zweiklassenmedizin entwickle. Dem müsse entgegengesteuert werden. Kurz widmete sich in dem Pressegespräch auch der Reform der Sozialversicherungen.

Das von der SPÖ favorisierte Modell, wonach die derzeitige Struktur beibehalten, die Systeme aber harmonisiert werden und effizienter zusammenarbeiten sollen, sei die "denkbar unlogischste Variante". Dass 22 Kassen die gleichen Leistungen anbieten, gehe ihm zu wenig weit, das sei nicht "schlüssig". Kurz kündigte an, das System "aufbrechen" zu wollen. Die ÖVP werde demnächst ihre Vorschläge zu einer grundlegenden Reform der Sozialversicherungen präsentieren. Dabei sei auch eine Zusammenlegung von Kassen möglich. Eine Harmonisierung der Dienstleistungen und Angebote sei vernünftig, dafür brauche es aber nicht so viele Träger, erklärte der ÖVP-Chef.

Beim Thema Mindestsicherung verweist Kurz auf die stetig steigenden Kosten. Der Anreiz, arbeiten zu gehen, sei zu gering, der Zuzug von Ausländern ins Sozialsystem müsse gestoppt werden. Kurz verweist darauf, dass in Wien bereits jeder zweite Bezieher einer Mindestsicherung Ausländer sei. Für ihn ist klar, dass die Zuwanderung gestoppt werden müsse. Es könne nicht unbegrenzt Zuwanderung in das Sozial- und Wohlfahrtssystem geben, weil dieses sonst nicht mehr leistbar sei. Der Bezug für Ausländer soll gekürzt, die Leistung gedeckelt werden.

Kurz formuliert vier Prinzipien, in welche Richtung es seiner Meinung nach gehen müsse:

  • Wer arbeitet und Leistung erbringt, dürfe nicht der Dumme sein, wie er sagt, daher müsse man das Steuersystem verändern.
  • Wer Leistung beziehen will, muss erst Leistung erbringen.
  • Wem eine Leistung zusteht, der soll sie auch bekommen. Das gelte insbesondere für den Pflegebereich, in dem Antragsteller oft schikaniert und pflegende Angehörige von Behörden wie Bittsteller behandelt würden.
  • Wer sich nicht selbst helfen kann, dem muss geholfen werden. Hier betonte Kurz seine christlich-soziale Prägung.

Was den Wirtschaftsstandort betrifft, will Kurz auf Deregulierung setzen und Investitionen leichter möglich machen. Dass seit 17 Jahren eine Entscheidung, am Flughafen Wien-Schwechat eine dritte Piste zu bauen, nicht möglich sei, findet Kurz "absurd". Die ÖVP wolle im Laufe des Wahlkampfs schließlich auch neue Vorschläge für ein Bildungssystem vorlegen, bei dem "nicht mehr über Türschilder geredet" werde. Es müsse darum gehen, was sich in den Klassen konkret ändern müsse. (Michael Völker, 25.8.2017)