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247 Immigranten griff die türkische Küstenwache innerhalb einer Woche auf. Doch fünfmal mehr Flüchtlinge kamen in Griechenland an.

Foto: Reuters / Kenan Gurbuz

Athen/Wien – Windböen mit 26 Knoten oder fast 50 Kilometern in der Stunde sind gefährlich. Zumindest für die Flüchtlinge, die nun in Schlauchbooten die Fahrt von der türkischen Küste auf eine der griechischen Inseln in der Ostägäis wagen. 53 Menschen sind es, die es Freitagmorgen trotzdem auf die Insel Samos schafften. Das schwankende Wetter allein verhindert möglicherweise eine neue größere Flüchtlingswelle, so fürchten dieser Tage manche in den griechischen Behörden.

Vergangene Woche waren 330 Flüchtlinge angelandet, etwas mehr schon als der Durchschnitt bei den Ankünften seit dem Frühjahr. Doch am vergangenen Wochenende und zu Beginn dieser Woche schnellte die Zahl dann plötzlich hoch: mehr als 1.000 innerhalb dreier Tage. Seither ist die Zahl der Bootsflüchtlinge wieder zurückgegangen.

Türkei kooperiert weiter

Die türkische Küstenwache macht entgegen anderslautenden Meldungen weiter ihre Arbeit, wie sie im Abkommen mit der EU vereinbart worden ist. Insgesamt 247 Immigranten griff sie bei verschiedenen Einsätzen seit vergangenem Wochenende auf. Darunter war auch ein Boot mit 54 syrischen Flüchtlingen, davon zehn Kinder, die von einem Strand am Schwarzen Meer im europäischen Teil der Türkei wohl die Überfahrt nach Bulgarien versucht hatten.

Die Mehrheit der Flüchtlinge halten die türkischen Behörden aber auf dem Weg nach Kos, Chios und Lesbos auf. Für Mitarbeiter der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex, die auf den griechischen Inseln Dienst tun, ist gleichwohl klar, dass die türkischen Kollegen auch einfach einmal wegschauen, wenn sie ein Schlauchboot mit Flüchtlingen von der Küste starten sehen.

Spannungen zwischen Europa und Türkei

Für griechische Politiker wie die Gouverneurin der Region Nordägäis, Christina Kalogirou von der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia, hängt der plötzliche Anstieg bei den Flüchtlingen durchaus mit den gegenwärtigen Spannungen zwischen der Türkei und Europa zusammen. Sie rief nach mehr Personal bei der Bearbeitung der Asylanträge auf den Inseln.

Mehrfach hatten der türkische Staatspräsident Tayyip Erdoğan und seine Außen- und Europaminister mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens gedroht. Den Flüchtlingen, die in den türkischen Großstädten und an der Küste warten, wird das nicht entgangen sein. Offensichtlich schreckt der langsame griechische Asylprozess auch nicht alle ab. Noch kein einziger syrischer Flüchtling ist aufgrund eines abgelehnten Asylantrags in die Türkei zurückgeschafft worden. Immer noch steht eine Grundsatzentscheidung des griechischen Höchstgerichts aus, ob die Türkei überhaupt noch als sicheres Drittland gelten kann.

Überbelegtes Lager

Die 53 jüngsten Ankömmlinge auf Samos erwartet ein Auffanglager, in dem die Bedingungen besonders schlimm sind. Für 850 Insassen war das Lager geplant, als die Türkei und die EU ihr Abkommen schlossen. Doch knapp 3.000 Asylsuchende harren mittlerweile auf Samos aus. Zwei syrische Männer gaben diesen Monat auf. Sie zogen ihre Asylanträge zurück und ließen sich in die Türkei zurückfliegen. (Markus Bernath, 25.8.2017)