Graz – Porphyrine sind essenziell für viele biologische Prozesse – im Blut sind sie verantwortlich für den Sauerstofftransport, in Pflanzen wandeln diese organischen Farbstoffe Licht in Energie um. Forscher an der Universität Graz und dem deutschen Forschungszentrum Jülich untersuchen das Potenzial dieser Moleküle als organische Halbleiter und haben besondere elektronische Eigenschaften entdeckt.

Organische Halbleiter gelten im Gegensatz zur konventionellen Elektronik als Hoffnungsträger für kostengünstige, effiziente und noch stärker miniaturisierbare Elektronikanwendungen. Ultradünne Schichten aus organischen Molekülen bilden die Grundlage für biegsame Bildschirme ebenso wie effizientere Solarzellen. Für die Lösung fundamentaler physikalischer und chemischer Herausforderungen zur Materialweiterentwicklung ist es dabei grundlegend zu wissen, wie die Elektronen in den Grenzflächen zwischen den organischen Halbleitern und anorganischen Trägersubstanzen wechselwirken.

Die Verteilung der Elektronen

Diesem Geheimnis von Elektronenzuständen ist Peter Puschnig am Institut für Physik an der Universität Graz auf der Spur. Er kann die als Orbitale bezeichneten Bereiche theoretisch berechnen und numerisch simulieren. "Orbitale beinhalten Informationen über die räumliche Verteilung der Elektronen bei einer bestimmten Energie. Sind sie bekannt, lassen sich alle relevanten Eigenschaften eines Materials ableiten", erklärte Puschnig.

"Inspiriert von der biologischen Funktion von Porphyrinen werden diesen Molekülen auch vielfältige technologische Anwendungsmöglichkeiten zugesprochen. Diese reichen von organischen Solarzellen über Gassensoren und Einzelmolekül-Schaltern bis hin zu Spin-Filtern", legte Puschnig dar. Er hat mit Kollegen aus Jülich und der Universität Triest das Verhalten der Elektronen in den Grenzschichten und den Ladungstransfer zwischen den beiden Teilsystemen untersucht, wie die Universität Graz mitteilte.

Experimente am Teilchenbeschleuniger

Für ihre Experimente am Teilchenbeschleuniger Elettra in Triest hat das internationale Wissenschafterteam eine ultradünne und somit weniger als einen Nanometer dicke Schichte von Nickel-Tetraphenyl-Porphyrin auf ein Kupfersubstrat aufgedampft. Die atomare Struktur der einzelnen Moleküle wurde zuerst mithilfe eines Rastertunnelmikroskops untersucht.

Für ihre Messungen nutzten sie eine Form der sogenannten Fotoelektronenspektroskopie, die auf dem Fotoeffekt beruht: Dabei wurde die Molekülschicht auf dem Kupfersubstrat mit Photonen, also Lichtteilchen, beschossen, woraufhin sich die energetisch angeregten Elektronen herauslösen. "Diese fliegen danach nicht willkürlich durch den Raum, sondern lassen aufgrund der Winkel- und Energieverteilung Rückschlüsse auf die Molekülorbitale zu", so Puschnig.

Weitere Untersuchungen sollen folgen

Mithilfe der Photoemissions-Tomographie konnten die Wissenschafter zeigen, wie sich die atomare Struktur des Moleküls durch die Anlagerung auf dem Kupfersubstrat ändert – und sie beobachteten einen signifikant hohen Ladungstransfer vom metallischen Substrat zum Porphyrin-Molekül. Die Resultate wurden in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Communications" publiziert.

"Die Analyse unserer quantenmechanischen Berechnungen ergab einen unerwartet großen Elektronenübertrag vom Metall auf das Molekül", schilderte der Grazer Physiker Daniel Lüftner ein wichtiges Ergebnis. Aufbauende Untersuchungen sollen nun zeigen, inwiefern diese Grundlagenforschung tatsächlich in technologische Anwendungen wie etwa den Bau von extrem sensitiven Gassensoren münden kann. (APA, 27. 8. 2017)