Rund 6.000 Grafikkarten laufen im Hause Bittex IT-Solutions rund um die Uhr, um mit ihrer Rechenleistung Digitalgeld wie Ethereum zu schürfen.

Foto: Bittex IT-Solutions

Wien – Trotz Klimatisierung ist es heiß – die Temperatur schwankt zwischen 30 und 45 Grad – und auch sehr laut. "Wenn man sich unterhalten will, geht es schon in Richtung schreien", sagt Simon Ehrenmüller, Geschäftsführer der in Leonding ansässigen Bittex IT-Solutions. Dort lässt diese in einem Datencenter rund 6.000 Grafikkarten unter Höchstlast laufen, um mit ihrer Rechenleistung Kryptowährungen zu schürfen. Allerdings nicht Bitcoin, sondern zumeist Ethereum, die Nummer zwei unter den Digitalwährungen.

Zwischen 30 bis 45 Minuten dauert es in der Regel, bis die Grafikkartenfarm ein Ethereum sprießen lässt. Das rechnet sich trotz des hohen Stromverbrauchs für den Betrieb der Grafikkarten und die Kühlung von derzeit rund 8,6 Gigawattstunden pro Jahr. Zum Vergleich: In Österreich betrug der Gesamtverbrauch im ersten Halbjahr 2017 laut E-Control 35.700 Gigawattstunden.

Allerdings hat Ethereum den Wert binnen weniger Monate vervielfacht und ist derzeit rund 333 US-Dollar wert, also rund 278 Euro. Ende des Vorjahrs mussten für ein Ethereum gerade einmal acht Dollar berappt werden. "Grundsätzlich sind wir auch offen für andere Projekte, wir sind nicht auf eine Kryptowährung spezialisiert", sagt Ehrenmüller. "Aktuell ist Ethereum am interessantesten für die Leute."

Doppelte Rechenleistung

Der Boom der Kryptowährungen strahlt bereits auf andere Wirtschaftszweige ab, denn das vermehrte Schürfen von Bitcoin, Ethereum und Co hat leistungsstarke Grafikkarten verknappt und spürbar verteuert. Mittlerweile werden laut Ehrenmüller eigene Varianten ohne Bildschirmanschluss für Miner, wie Erzeuger von Digitalwährungen bezeichnet werden, produziert. Auch Bittex hat den Betrieb erst heuer aufgenommen und plant noch bis Jahresende eine Verdoppelung der Kapazität, rund 20 Mitarbeiter sollen dann den Dauerbetrieb der erweiterten Grafikkartenfarm, laut Bittex bereits jetzt eine der größten Europas, ermöglichen.

"Konkurrenten in unserer Größenordnung gibt es hauptsächlich in Asien, Südamerika und Island", sagt Ehrenmüller. Die Kombination aus tiefen Stromkosten und Außentemperaturen macht die Insel gewissermaßen zum Eldorado für Miner. "Wir haben bewiesen, dass es auch in Österreich möglich ist", betont der Bittex-Geschäftsführer, "und wir sind konkurrenzfähig am globalen Markt." Allein im ersten Halbjahr konnte Bittex knapp acht Umsatzmillionen mit dem Verkauf von Mining-Paketen verbuchen.

Zielgruppe "jung und männlich"

Denn das oberösterreichische Start-up schürft nicht auf eigene Rechnung, sondern verkauft gewissermaßen die Rechenleistung. Einerseits an jene 675 Investoren und Kunden, die nach dem Kick-off zu Jahresbeginn binnen zwei Monaten fast fünf Millionen Euro in Bittex investiert haben und nun Mining-Pakete erhalten und zudem bis 2022 mittels Genussrechten am Unternehmenserfolg beteiligt sind. Dazu kommen nochmals mehr als 100 Kunden, die über den seit Juli ausgelagerten Vertrieb von der Partnerfirma Apollon Core betreut werden. Zielgruppe sind sowohl Firmen als auch Private, die "sehr jung und sehr männlich" seien. "Angefangen hat es mit Computerfreaks", berichtet Ehrenmüller, "aber mittlerweile ist es so weit, dass es den Mainstream erreicht hat."

Nach anfänglichem Unverständnis habe sich die Akzeptanz von Projekten mit Kryptowährungen und der dahinterstehenden Blockchain-Technologie gewandelt – für Ehrenmüller ähnelt die Situation jener des Internets in den 1990er-Jahren. "Wir stoßen jetzt auf offene Ohren bei Politik und Bürokratie", sagt Eherenmüller und berichtet von einer unlängst stattgefundenen Blockchain-Party unter Mitwirkung des Wissenschaftsministeriums in Alpbach. "Man hat in Österreich erkannt, dass ein eigener Wirtschaftszweig entstehen kann", betont der Bittex-Chef, "es werden sich viele Unternehmen ansiedeln, wenn man ein Blockchain-freundliches Land wird."

Abwärme sinnvoll nutzen

Neben dem Schürfen bietet Bittex auch Beratung an und tüftelt mit Partnern an Projekten für sogenannte Smart Contracts. Während Bitcoin für Ehrenmüller digitalem Bargeld gleicht, könnten mit Ethereum "programmierbare Verträge" geschrieben werden. Mittelsmänner wie Notare, Anwälte oder Personen, die die Einhaltung der Vertragsbedingungen überwachen, seien dann hinfällig. Zudem noch auf Ehrenmüllers To-do-Liste: die Abwärme der Grafikkartenfarm künftig ins Fernwärmenetz einspeisen. (Alexander Hahn, 28.8.2017)