Der Schädel von H. naledi ist nicht größer als der von heutigen Menschenaffen.

Foto: Hawks et al.

Die Zähne zeugen von schwerer Kauarbeit.

Foto: Towle

Liverpool – Es war eine Weltsensation, als Forscher im September den Fund einer bis dahin unbekannten fossilen Menschenart bekannt gaben: Sie waren in einer Höhle in Südafrika auf über 1.500 Überreste der fortan Homo naledi genannten Spezies gestoßen. Im Mai 2017 folgte dann die nächste Überraschung: Die Art ist viel jünger als gedacht. Die Datierung der Fossilien ergab, dass diese nicht etwa Jahrmillionen, sondern erst 230.000 bis 330.000 Jahre alt sind.

Es waren die anatomischen Merkmale, die Anthropologen zunächst an ein Alter von bis zu 2,5 Millionen Jahren denken ließen. Denn diese Menschen hatten ein viel kleineres Gehirn als der Homo sapiens, eine geringe Körpergröße und ein Gesicht, das eher an heutige Menschenaffen erinnert. Forscher der John Moores University in Liverpool nahmen nun die Beschaffenheit von Homo naledi-Zähnen unter die Lupe und machten dabei eine weitere unerwartete Entdeckung: Sie sind ungewöhnlich stark beschädigt.

Sandige Speisen

Keine andere fosslie Menschenart weise derart viele Zahnbrüche und Zersplitterungen des Zahnschmelzes auf, schreiben Ian Towle und Kollegen im "American Journal of Physical Anthropology". "Die Ergebnisse zeigen, dass die Zähne von H. naledi regelmäßig akuten Traumata ausgesetzt waren", so Towle. "Der Speiseplan muss harte, schwer kaubare und möglicherweise stark verunreinigte Nahrung beinhaltet haben."

Für ihre Studie untersuchten Towle und Kollegen insgesamt 126 Zähne, die von mindestens 15 Individuen stammen. Beschädigungen fanden sich auf 56 davon. Die Analysen ergaben, dass insbesondere die Backenzähne in Mitleidenschaft gezogen worden waren, wobei die Zähne des rechten Oberkiefers die stärksten Schäden aufweisen. Das könnte dafür sprechen, dass es sich überwiegend um Rechtshänder gehandelt hat, spekulieren die Forscher.

Zahnvergleiche

Das Muster der Beschädigungen lässt die Forscher zudem vermuten, dass neben Nüssen und Samen vor allem Sand dafür verantwortlich sein könnte: Möglicherweise grub Homo naledi nahrhafte Wurzeln und Knollen aus dem Boden aus und zerkaute sie mitsamt Erd- und Sandresten, die wiederum die Zähne schädigten.

Ein Zahnvergleich mit Australopithecus africanus und Paranthropus robustus ergab, dass H. naledi weitaus stärkere Schäden aufweist. Unter lebenden Primaten fand sich die größte Übereinstimmung mit Pavianen, die sich ebenfalls unter anderem von Wurzeln ernähren. Für Towle und Kollegen spricht das für die Sand-Theorie, wobei es noch weiterer Studien bedürfe, um den Verdacht zu erhärten. (dare, 28.8.2017)