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Rex Tillerson liegt mit seinem Chef Donald Trump zunehmend über Kreuz.

Foto: AP / Pablo Martinez Monsivais

Washington/Wien – Ärger über seine Mitarbeiter währt bei Donald Trump meist nicht lang. Nicht weil der US-Präsident ein nachsichtiger Charakter wäre, sondern aus gegenteiligen Gründen: Wer im Ansehen Donald Trumps sinkt, muss meist schon bald mit der Entlassung rechnen. Insofern dürften Meldungen, wonach der Staatschef seinem Außenminister Rex Tillerson zunehmend zürnt, dessen Langzeitplanungen nicht gerade beflügeln.

Der Chefdiplomat hatte schon bisher als möglicher nächster Abschusskandidat in der instabilen US-Regierung gegolten. Dass er am Wochenende in TV-Interviews hörbare Kritik an Trump geäußert hat, scheint seinem Chef nicht gefallen zu haben.

Auf Distanz

Der US-Chefdiplomat hatte sich am Sonntag in einem TV-Interview mit Fox News von den Äußerungen Trumps bezüglich der rechten Gewalt in der Stadt Charlottesville, Virginia, von Mitte August abgegrenzt. Auf eine Frage, ob die USA noch ihre eigenen Werte leben würden, antwortete Tillerson zunächst ausweichend: Es könnte niemand ernstlich bezweifeln, dass die US-Behörden und die Bürger ihren Werten noch immer verpflichtet seien.

Auf die Nachfrage, ob das auch für den Präsidenten gelte, wurde Tillerson dann aber deutlicher: "Der Präsident spricht für sich selbst", sagte er knapp, ohne Donald Trumps Ansicht zu verteidigen, wonach rechte und linke Gruppen gleichermaßen für die Gewalt am Rande des rechten Aufmarsches verantwortlich seien, bei dem eine junge Frau von einem Rechtsradikalen mit dem Auto totgefahren wurde.

Auf die Frage, ob er sich damit vom Präsidenten abgrenze, widersprach Tillerson nicht. Er habe seine eigene Sicht der Dinge schon in der Vorwoche in einer Rede im Außenministerium klargemacht, sagte er nur. Dabei hatte der Außenminister sich klar geäußert: "Hass ist kein amerikanischer Wert", man dürfe die Verbreitung hasserfüllter Botschaften in keiner Weise unterstützen oder sie legitimieren. "Eine der wichtigsten Charakteristika der USA war es immer, dass das Versprechen des Fortschritts für alle gilt – unabhängig von der Hautfarbe, und unabhängig davon, wie viel Geld die Eltern verdienen oder woher man kommt."

Er werde sich bei der Besetzung der offenen Stellen im Außenamt dafür einsetzen, dass auch Angehörige von Minderheiten und unterrepräsentierten Gruppen zum Zug kämen.

Gut möglich, dass der anfangs sehr zurückhaltende Tillerson auch deshalb klarere Worte findet, weil er weiß, dass Trump ohnehin nicht mehr gut auf ihn zu sprechen ist. Nach einem Bericht der Onlineplattform Axios soll der US-Präsident schon mehrfach auch in Sachfragen mit Tillerson aneinandergeraten sein. In einer jüngst geführten Diskussion rund um die künftige Afghanistanpolitik der US-Regierung soll Trump demnach über seinen Außenminister sein schlimmstmögliches Urteil gefällt haben: "Rex kapiert es einfach nicht: Sein Denken entspricht völlig dem Establishment."

In vielen Themen uneins

Vielsagend ist auch, dass ein Sprecher Tillersons, R. C. Hammond, auf Anfrage von Axios Entgegnungen zu zahlreichen Punkten liefert, die als Kritikpunkte Trumps an seinem Chefdiplomaten präsentiert werden. Dass es Konflikte gibt, bestreitet Hammond dabei nicht. So tritt Hammond etwa Berichten nicht entgegen, wonach der Präsident über die zahlreichen noch immer unbesetzten Stellen im Außenministerium verärgert sei.

Er spricht aber von "Fehlern im System" und gibt damit unausgesprochen die Kritik an die Regierung zurück: Tillerson habe sehr wohl Vorschläge für Postenbesetzungen gemacht, allerdings würde Trumps Kabinett diese blockieren. Auch, dass es inhaltlichen Streit um Katar und um das Iran-Abkommen gibt, bestreitet Hammond nicht. Tillerson hatte im Streit um Katar für Gespräche geworben, während Trump die Linie Saudi-Arabiens mitgetragen und Doha scharf kritisiert hatte. Zudem soll der Außenminister anders als sein Chef am Atomabkommen mit Teheran festhalten wollen.

Auch wenn dem Axios-Bericht ein lauwarm-knappes Statement des Weißen Hauses folgt, in dem Tillerson das Vertrauen ausgesprochen wird ("Tillerson ist ein großartiger Vertreter der Regierung und hat viele Herausforderungen gut gemeistert"): Die Frage, wer dem einstigen Exxon-Chef folgen könnte, wird dieser Tage in Washington aktuell. Sein Stellvertreter John Sullivan, der nach langer Suche im April von Trump nominiert wurde, entspricht noch mehr als der frühere Exxon-Chef Tillerson dem Typus des Establishment-Politikers, der Trump verhasst ist.

Er wurde allerdings vom Senat fast einstimmig bestätigt und hätte damit nicht jenes Problem, das viele Wunschkandidaten des Präsidenten überwinden müssten. Sowohl John Bolton, einst neokonservativer Falke in der Regierung George W. Bushs, als auch weitere mögliche Wunschkandidaten müssten erst vom US-Senat in ihrer Rolle bestätigt werden. Aber auch mit diesem liegt Trump zunehmend im Streit. (Manuel Escher, 28.8.2017)