Die ungeklärte Nachfolge von Wiens Bürgermeister Michael Häupl belastet den Wahlkampf der SPÖ für Bundeskanzler Christian Kern.

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Wien – Nach Monaten der zumindest nach außen präsentierten innerparteilichen Ruhe herrscht in der Wiener SPÖ wieder Aufregung. Am Sonntag hat Bürgermeister Michael Häupl bekanntgegeben, dass er den Parteivorsitz bei einem Sonderlandesparteitag "Ende Jänner 2018" übergeben wird. Häupl hat seinen Rücktrittszeitpunkt als Parteichef damit geringfügig konkretisiert: Bisher lautete Häupls Antwort auf dementsprechende Fragen, dass er drei bis vier Monate nach den Nationalratswahlen am 15. Oktober als Landesparteichef abtreten wird.

Warum Politprofi Häupl ohne Not seine Aussage geändert und leicht spezifiziert hat, blieb am Montag unklar. Sie reichte aus, um das Schlaglicht mitten im Nationalratswahlkampf wieder auf den schwelenden Streit um Häupls Nachfolge in Wien zu werfen, kritisierten Rathaus-Insider. Dieser ist noch lange nicht geklärt, wie Häupl indirekt auch im Interview mit der Austria Presse-Agentur anmerkte: Es sei "nicht unbedingt wünschenswert", dass mehrere Kandidaten beim Parteitag gegeneinander antreten, sagte Häupl. "Aber es ist auch kein Beinbruch."

Ludwig sieht "breite Mehrheit" hinter sich

Wie berichtet hat sich mit Wohnbaustadtrat Michael Ludwig erst ein Kandidat aus der Deckung begeben und als Häupl-Nachfolger ins Spiel gebracht. Ludwig gilt als Favorit der Flächenbezirke und der Realo-Fraktion innerhalb der Wiener Roten. In Ludwigs Büro fand vor dem Landesparteitag im April auch ein Krisengespräch mit Vertretern dieser Gruppe sowie mit Häupl statt. Konkret wurde Häupl unter anderem ein Vorschlag unterbreitet, der eine Ämtertrennung von Bürgermeister und Landesparteichef vorsah. Diese kam für Häupl aber "nicht infrage".

Ludwig selbst ist optimistisch: "Ich bleibe dabei, dass ich kandidieren will", sagte er der Tageszeitung "Österreich" vom Dienstag. Ludwig sieht dabei "eine breite Mehrheit" hinter sich.

"Große Teile der Partei unterstützen mich und trauen mir offenbar zu, dass ich intern die Auffassungsunterschiede in der SPÖ unter einen Hut bringen kann und dass ich in der Bevölkerung so viel Vertrauen habe, dass die SPÖ auch in Zukunft Wahlen gewinnen kann", meinte Ludwig. Eine Aufteilung der Aufgaben zwischen ihm als Parteichef und Stadträtin Ulli Sima als Bürgermeisterin lehnte der Stadtrat ab: "Ich bin gegen eine Ämtertrennung."

Beim Landesparteitag wurde Ludwig – wohl vor allem von Vertretern der linken Fraktion der Partei – abgestraft: Als einer von fünf Stellvertretern Häupls erhielt Ludwig bei der geheimen Wahl nur 67,8 Prozent Zustimmung. Damit strich ihn fast ein Drittel der Delegierten aktiv von der Wahlliste. Sozialstadträtin Sandra Frauenberger, Vertreterin des linken Flügels, sagte Ende Mai in einem Interview mit dem STANDARD über Ludwig: "Dass er derzeit kein einender Kandidat ist, hat der Parteitag gezeigt."

Weitere potenzielle Nachfolger haben sich noch nicht ins Spiel gebracht – oder vorerst abgesagt. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky sagte dem Monatsmagazin "Datum", dass er Häupl "nicht beerben" wolle. Ambitionen werden auch Andreas Schieder, Klubchef im Parlament, nachgesagt.

Nachfolgedebatte überdeckt Kern-Wahlkampf

Die mehr schlecht als recht gemanagte Nachfolgediskussion überdeckt jedenfalls aktuell den Wahlkampf für Bundeskanzler Christian Kern, für den Häupl mit seinen Wiener Genossen "einen ordentlichen und akzeptablen Beitrag" leisten will. Wie lange Häupl Bürgermeister bleiben wird, ist zudem noch offen: Er hat nur angekündigt, zeitnah zum Rückzug als Landesparteichef sein Amt als Bürgermeister aufzugeben. (David Krutzler, 28.8.2017)