Rekonstruktion des Fischsauriers, der vor rund 200 Millionen Jahren lebte und nun Thema einer Fachpublikation wurde. (Das Bild verrät einen Grund dafür.)
Illustration: Joschua Knüppe

Bielefeld/Wien – Sie sahen in etwa so aus wie Delfine, konnten aber um einiges größer werden. Einige Vertreter der Ichthyosaurier (oder Fischsaurier) erreichten über zwanzig Meter Länge und waren einst die Schrecken der Meere. Ihre Bezeichnung ist freilich ein wenig irreführend.

Fischsaurier waren nämlich keine Dinosaurier, die ins Wasser übersiedelten. Sie existierten bereits vor den Dinosauriern, stammten von echsenartigen Landtieren ab. Ihre Gliedmaßen waren zu Paddeln umgeformt, zum Luftholen mussten sie auftauchen. Und sie starben auch knapp 30 Millionen Jahre vor den Dinos aus – aus bis heute nicht restlos geklärten Umständen. (Vermutlich war es der damalige Klimawandel.)

Größtes Fossil der Gattung

Der Name der Tiergruppe der Fischsaurier geht auf eine ganz ähnlich genannte Gattung mit der Bezeichnung Ichthyosaurus zurück – und ein 1811 in England gefundenes Fossil. Diese Gattung war eher klein: Bisher schätzte man die Ichthyosaurus-Vertreter auf rund zwei Meter.

In der Sammlung des Landesmuseums Hannover haben die Fischsaurierexperten Sven Sachs (Naturkundemuseum Bielefeld) und Dean Lomax (Uni Manchester) nun freilich ein mehr als drei Meter langes Ichthyosaurus-Fossil unter die Lupe genommen, das nicht nur das größte der Gattung ist, sondern noch weitere Überraschungen lieferte, wie die Forscher im Fachblatt "Acta Palaeontologica Polonica" berichten.

Unbeachtete Schätze: Die Fischsaurierfachmänner Sven Sachs und Dean Lomax bei der nachträglichen Entdeckungsarbeit.
Foto: Dean R. Lomax

Trächtiges Weibchen und ein falscher Schwanz

Ein genaueres Studium des vor gut 20 Jahren an der englischen Küste gefundenen Fossils offenbarte nämlich zum einen, dass es sich beim versteinerten Fund um ein trächtiges Weibchen mit einem sieben Zentimeter langen Embryo im Bauch handelt. Zum anderen ergaben Analysen der rund 200 Millionen Jahre alten Reste des Fischsauriers, dass der Schwanz des Ichthyosaurus von einem anderen Tier stammt und nachträglich der Steinplatte hinzugefügt wurde.

Die wahre Bedeutung dieses Fischsaurier-Fossils wurde erst rund zwanzig Jahre nach seinem Fund erkannt.
Foto: Dean R. Lomax

Fundgrube Museum

Den entscheidenden Hinweis auf den bisher unbeachteten Schatz in der Fundgrube Museum erhielten Sachs und Lomax von ihrer Fachkollegin Annette Richter, die ihrerseits die Naturkundeabteilung im Landesmuseum Hannover als Chefkuratorin leitet. Im Zuge des Besuchs der externen Experten schauten sich die Paläontologen auch einen Plesiosaurier des Museums genauer an – und identifizierten ihn als neue Art, die prompt nach Annette Richter benannt wurde.

Ähnlichkeiten mit "Nessie"

Wie das internationale Forscherteam im Fachmagazin "Journal of Vertebrate Paleontology" schreibt, lebte Lagenanectes richterae vor rund 132 Millionen Jahren ebenfalls im Meer und schaute in etwa so aus, wie wir uns gemeinhin das Monster von Loch Ness vorstellen: Der bizarre Plesiosaurus war acht Meter lang, hatte einen extrem langen Hals und ein Maul, das mit ziemlich vielen großen und scharfen Zähnen bestückt war.

Lagenanectes richterae wurde rund acht Meter lang und war vermutlich ein eher unangenehmer Meeresbewohner.
Illustration: Joschua Knüppe

Dieses Fossil gehörte ursprünglich einem privaten Sammler, der es 1964 erwarb. Der ursprüngliche Fundort des versteinerten Plesiosaurus liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Hannover. Seine wahre Bedeutung wurde aber erst mehr als 50 Jahre später im Landesmuseum entdeckt. (tasch, 28.8.2017)