Eine Gruppe von Shingopana songwensis in ihrer kreidezeitlichen Umgebung.
Illustration: Mark Witton

Chicago – Die Titanosaurier waren das letzte Hurra der Sauropoden. Vor etwa 220 Millionen Jahren war der sauropodentypische Bauplan vom massigen Körper mit extrem langem Hals und Schwanz aufgekommen. Im Jura-Zeitalter entwickelten sich die teilweise riesigen Tiere dann mit einer Fülle an Untergruppen zur dominierenden Form pflanzenfressender Landbewohner.

Mit der beginnenden Kreidezeit lief ihre lange Erfolgsgeschichte aber allmählich aus. Nach und nach begannen sie zu verschwinden, ihre ökologische Nische besetzten nun kleinere und agilere Saurier, die die pflanzliche Kost besser verwerten konnten – etwa durch Kauen.

Von allen Sauropoden-Gruppen hielten nur die Titanosaurier bis zum Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahre durch. Sie waren während der Kreidezeit weltweit verbreitet – vor allem aber auf der Südhalbkugel, wo sie einige Kandidaten für das größte Landtier aller Zeiten hervorbrachten: Etwa Argentinosaurus oder Dreadnoughtus, die an die 30 Meter lang und je nach Schätzung 40 bis 70 Tonnen schwer wurden.

Der Neue

Im Vergleich dazu wirkt der fünf Tonnen schwere Titanosaurier, der nun im "Journal of Vertebrate Paleontology" vorgestellt wurde, fast schon zwergenhaft. Gemäß seinem Fundort, der Songwe-Region im Südwesten Tansanias, erhielt er die Bezeichnung Shingopana songwensis; der erste Namensteil bedeutet auf Swahili "breiter Hals".

Die ersten Teile des Skeletts waren bereits im Jahr 2002 ausgegraben worden. Seitdem konnten auch mehrere Halswirbel, Rippen, ein Oberarmknochen und ein Teil des Unterkiefers geborgen werden. Die Knochen wiesen zahlreiche Bohrlöcher von Insekten auf, die den Kadaver des Dinos kurz nach dessen Tod befallen haben müssen. Die Rekonstruktion des Tiers wurde dennoch so weit möglich, dass Studienerstautor Eric Gorscak vom Chicagoer Field Museum unerwartete Verwandtschaftsbeziehungen feststellen konnte.

Getrennte Lebensräume

Innerhalb der Titanosaurier hatte Shingopana nämlich seine nächsten Verwandten in Südamerika, einer Hochburg dieser Dino-Gruppe. Auch im nördlichen Afrika hat man bereits Titanosaurier-Fossilien gefunden, aber im Vergleich zu den Südamerikanern waren das nur entfernte Cousins der neuentdeckten Art. Das spricht laut Judy Skog von der US-amerikanischen National Science Foundation dafür, dass sich die Faunen Nord- und Südafrikas in dieser Zeit stark unterschieden haben.

Afrika und Südamerika bildeten damals noch eine zusammenhängende Landmasse. Innerhalb dieser Landmasse – und quer durch den heutigen afrikanischen Kontinent verlaufend – sorgten zu Lebzeiten Shingopanas aber möglicherweise entweder Klima- oder Geländeunterschiede für eine natürliche Barriere. (jdo, 3. 9. 2017)