Neos-Chef Matthias Strolz bezeichnet ÖVP-Obmann Sebastian Kurz als "Windfahne".

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Alpbach – Die Neos werfen der ÖVP Verschwendung von Steuergeld vor. Zugleich bietet Neos-Chef Matthias Strolz ÖVP-Obmann Sebastian Kurz die Zusammenarbeit beim Durchforsten des heimischen Förderdschungels an. "Dass er bei den Förderungen so aufdreht, das finde ich gut, nur sieht er den Balken im eigenen Auge nicht", sagte Strolz – "inspiriert" von Kurz' ORF-"Sommergespräch" – beim APA-Interview in Alpbach. Wenn die Landeshauptleute weiterhin die Transparenzdatenbank nicht befüllen, sollten sie weniger Geld für ihr Land bekommen, sagt der Chef der Neos.

"Wir müssen den Menschen mehr Geld in der Tasche lassen. Das heißt, wir müssen bei den Ausgaben hineingehen." Die Neos planen im Vollausbau eine Kürzung der Staatsausgaben um 19 Milliarden Euro pro Jahr. "Ein großer Brocken sind dabei die Förderungen", erklärte Strolz. Ganz will der Neos-Chef hier aber nicht an den Reformwillen von Kurz glauben. Gerade die schwarzen Landeshauptleute zählten nämlich zu den "größten Bremsern" bei der Transparenz von Förderungen.

"Wir haben eine Transparenzdatenbank, die seit über drei Jahren Gesetz ist, und die von den Landeshauptleuten einfach nicht befüllt wird. Deshalb sage ich zurecht immer wieder Fürsten der Finsternis, weil sie ihre Freundeskreise weiterhin bewusst im Dunkeln anfüttern wollen", so Strolz. "An dem Tag, an dem wir alles am Tageslicht haben, werden die Förderungen von selbst um Hunderte Millionen sinken, weil sich dann gewisse Sauereien aufhören, die unter Tageslichtbedingungen gar nicht möglich sind."

"Hanni die Helle"

Bei Kurz wirbt Strolz um Unterstützung. "Wenn er es wirklich ernst meint, dann müssen wir eine Strafzahlung für jene Landeshauptleute verhängen, die die Transparenzdatenbank nicht befüllen. Mein Vorschlag ist, im Finanzausgleich bei jenen Ländern, die die Befüllung der Transparenzdatenbank verweigern, 50 Millionen Euro im Jahr abzuziehen." Dieses Geld könnte man im Bildungsbereich etwa bei der Sprachförderung oder in Innovation und IT-Studienplätze investieren, so der Neos-Chef. Im Bereich Informationstechnologie und Computing Industries könnten so zahlreiche neue Jobs geschaffen werden. Die Landeshauptleute ermuntert Strolz zur Transparenz. "Ich rufe Johanna Mikl-Leitner zu, sie soll 'Hanni die Helle' sein, wenn sie in die Geschichtsbücher eingehen will." In Oberösterreich ortet der Neos-Spitzenkandidat bereits mehr Bereitschaft zur Transparenz.

"Sauereien" im Landwirtschaftsministerium

"Sauereien" mit undurchsichtigen Geldflüssen vermutet Strolz hingegen im ÖVP-geführten Landwirtschafsministerium. "Wenn das Landwirtschaftsministerium Geld an ein Agrarmagazin ausschüttet, von dem man dann draufkommt, dass es über irgendwelche Treuhand-Konstruktionen eigentlich dem Bauernbund als Teilorganisation der ÖVP gehört, halte ich das für ein Muster struktureller Korruption – dass der ÖVP-Minister Steuergeld hernimmt, um das eigene ÖVP-Vorfeld zu finanzieren. Wenn wir ein Land wären, dass nicht üppig die Parteien versorgen würde, wär das vielleicht noch einleuchtend, aber die ÖVP kassiert bundesweit pro Jahr über 50 Millionen Euro auf sämtlichen Ebenen an Parteienförderung. Auch die müssen wir halbieren. Wir wären dann bei der Parteienförderung immer noch im europäischen Spitzenfeld. Ich will ja keine amerikanischen Verhältnisse."

Schwarz-Grün-Neos für Strolz vorstellbar

Eine Koalition mit der Kurz-ÖVP will Strolz nicht ausschließen. Voraussetzung dafür seien Reformen in der Bildung ("Kindergärten aufwerten und Parteibücher raushauen"), eine Senkung der Steuerquote, Reformen beim Pensionssystem und ein Ende der Schuldenpolitik. Strolz hält es für "vorstellbar, dass sich Schwarz-Grün-Neos ausgeht. Dazu fehlen noch einige wenige Prozentpunkte, die können sich in sieben Wochen leicht verschieben."

ÖVP-Chef Kurz hält Strolz derzeit für eine "echte Windfahne". Er sei ein guter Kommunikator, mache im Moment aber nur Dinge, die in der Bevölkerung 70 oder 80 Prozent Zustimmung haben, so Strolz. "Das ist noch nicht jener Mut, den es braucht. Das ist noch nicht jener Mut, den Wolfgang Schüssel hatte. Auch wenn ich mit einigem nicht einverstanden war, das Wolfgang Schüssel gemacht hat, aber er hat den Mut gehabt, die Dinge anzupacken."

Für die Neos sieht Strolz noch Wachstumspotenzial. "Wir kommen von 4,9 Prozent und wollen Richtung Zweistelligkeit wachsen. Ich will die Nummer Eins hinter den drei alteingesessenen, verkrusteten Systemparteien werden, vor den Grünen und vor Peter Pilz. Die Neos wollen Tempo- und Schrittmacher sein, entweder in der Opposition oder in Regierungsverantwortung." (APA, 30.8.2017)