Kezia Dugdale gab im Kampf gegen die Corbyn-Anhänger auf.

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Der Rücktritt der schottischen Parteivorsitzenden hat den ideologischen Richtungskampf innerhalb der Labour Party ins Augenmerk der britischen Öffentlichkeit gerückt: Kezia Dugdale schmiss am Dienstagabend überraschend für Freund und Feind nach gerade zwei Jahren im Amt – und einen Tag nach ihrem 36. Geburtstag – ihren Job hin. Als Begründung gab sie an, die Partei im britischen Norden brauche "frische Energie und ein neues Mandat". Offenbar hatten ihr Anhänger des Londoner Parteichefs Jeremy Corbyn seit Monaten den Job verleidet.

Corbyn hatte die Sommerpause zu einer Reise durchs ganze Land genutzt, erst vergangene Woche absolvierte er auch mehrere Auftritte in Schottland. Nach außen hin demonstrierten der links außen stehende Corbyn und die eher auf dem rechten Parteiflügel angesiedelte Dugdale dabei Einigkeit. Hinter den Kulissen aber tobte der Richtungsstreit: Die junge Regionalparteichefin hatte sich sowohl 2015 als auch im vergangenen Jahr gegen Corbyn als Parteivorsitzenden ausgesprochen, der allerdings von der großen Mehrheit der Basis zuerst gewählt und dann bestätigt wurde.

Blutauffrischung gefordert

Der Erfolg bei den Unterhauswahlen im Juni gab Corbyns Anhängern recht. Diese drängen nun auf eine Blutauffrischung im Parteiapparat und drängen auf inhaltliche Zugeständnisse. Während Corbyns schwungvolle Wahlkampagne und sorgfältig ausgewogenes Programm insgesamt 40 Prozent (9,5 Prozentpunkte Stimmenzuwachs) einbrachte, kam Labour in Schottland "nur" auf 27,1 Prozent (plus 2,8 Prozentpunkte). Die Corbynistas geben dafür Dugdale die Schuld. Tatsächlich wirkte die Juristin häufig überfordert, zudem spielt Labour in Edinburgh seit 2016 nur noch die dritte Geige.

Dugdale konnte in der Öffentlichkeit kaum punkten gegen die charismatischen Chefinnen der Nationalpartei SNP und der schottischen Konservativen, Nicola Sturgeon und Ruth Davidson. Manche Parteifeinde nahmen Kezia Dugdale zudem die kürzlich öffentlich gemachte Liebesbeziehung zu einer SNP-Abgeordneten übel.

Allerdings hat Labour im britischen Norden mit Sonderproblemen zu kämpfen, die weit über Dugdales Person hinausgehen. Jahrzehntelange Dominanz sorgte für Selbstgefälligkeit, die klugen und ehrgeizigen Köpfe der alten Arbeiterpartei drängten stets nach London, Edinburgh galt als zweitklassig und zerstritten. Einst verbündete Gewerkschaften setzten sich ab, bei Kommunalvertretungen machten sich Nationalisten breit.

Sieben Chefs in zehn Jahren

Dugdales Nachfolger wird der siebente Vorsitzende binnen zehn Jahren sein. Dass als Nächstes ein Mann den Schleudersitz besetzt, gilt parteiintern mangels geeigneter Kandidatinnen als ausgemacht. Damit endet die Periode der Frauenpower im schottischen Landtag, in der alle drei großen Parteien von Frauen angeführt wurden. Schlimmer für Labour: Die Sozialdemokraten haben künftig keine prominente Frau vorzuweisen. Sämtliche wichtigen Parteiämter sind männlich besetzt, auch der walisische Ministerpräsident sowie die mächtigen Labour-Bürgermeister von London, Manchester und Liverpool sind allesamt Männer. (Sebastian Borger aus London, 30.8.2017)