Bild nicht mehr verfügbar.

Als gefallene Engel – im Bild ein Vertreter aus Stein nach einem Erdbeben in Washington – werden jene Unternehmen bezeichnet, die wegen einer Krise am Aktienmarkt in Ungnade gefallen sind.

Foto: REUTERS/Jason Reed

Wien – Es gibt in der Wirtschaftsgeschichte Unternehmen, für die der Grabstein schon in Auftrag gegeben war – und dennoch gibt es sie noch. Eines davon ist Nokia. Die Handys des Unternehmens – ursprünglich ein Holzstoffhersteller aus Finnland – waren ab Anfang der 1990er bis 2011 praktisch der Standard im Geschäft.

Doch das Unternehmen hatte eine Entwicklung verschlafen: Die Finnen ignorierten den Siegeszug der Smartphones völlig. Man setzte stur weiter auf Barren-Telefone und verlor rasend schnell immer mehr Terrain an Apples iPhone und Mobiltelefone mit dem Google-System Android. Eine Partnerschaft mit Microsoft verlief matt, und Nokia verkaufte die gesamte Sparte 2014 an die Amerikaner.

2016 ging die Marke Nokia schließlich an den finnischen Elektronikhersteller HMD Global. Dort hatte man die Lehren aus den Microsoft-Fehlern gezogen, pfiff auf Windows 10 und setzte auf Android. Produziert wird nach Apple-Vorbild bei Foxconn, und seit Mai gibt es wieder weltweit Mobiltelefone der Marke Nokia.

Auch das Unternehmen Nokia hat sich inzwischen erholt: Man machte sich in der Telekommunikationsnetz- und Softwaresparte breit, holte sich Alcatel-Lucent und wurde zum größten Netzwerkausrüster vor Ericsson, Huawei und ZTE. Seither empfehlen Analysten die Aktie wieder und orten einen Aufwärtstrend. Im Tief war das Papier 2012 um rund 1,50 Euro zu haben, derzeit kostet es wieder mehr als fünf Euro.

Teures Abenteuer

Auch das deutsche Paradeunternehmen Daimler durchlebte alle Höhen und Tiefen des Wirtschaftslebens. Viele geben die Schuld daran Jürgen Schrempp, der schon seinem Vorgänger, Edzard Reuter, allerhand Flausen in den Kopf gesetzt haben soll. Man wollte aus dem schwäbischen Nobel-Automobilkonzern einen "integrierten Technologiekonzern" machen und setzte auf teure Zukäufe.

Daimler verkaufte 1996 nach desaströsen Ergebnissen Dornier Luftfahrt an die amerikanische Fairchild Aviation. Der automobile Sprung über den Atlantik endete ebenfalls mit einem Bauchfleck: Der Stern von Chrysler, den sich Schrempp per Fusion einverleibt hatte, wollte nicht mehr strahlen. Zu viele hatten daran schon vergeblich herumgedoktert. Und so endete die "Hochzeit des Grauens" in einem Desaster: Das US-Abenteuer hat Daimler fast 40 Milliarden Euro gekostet und Jürgen Schrempp 2005 seinen Job.

2010 folgte die Scheidung. Man verschaffte Chrysler zum Finanzinvestor Cerberus, auch Mehrheitseigentümer der Bawag PSK. Schrempp-Nachfolger Dieter Zetsche brachte den Konzern zurück in ruhiges Fahrwasser und sorgte 2016 für ein Rekordergebnis. Doch nun nagt der Dieselskandal an dem Autohersteller.

Schweizer Großmannssucht

Technik ist auch das Metier der Schweizer ABB (Asea Brown Boveri) – spezialisiert auf Kraftwerke, Lokomotiven, Turbolader sowie elektrische Schaltanlagen. Entstanden ist das Unternehmen 1988 aus der Fusion zwischen der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (Asea) und Brown Boveri & Cie.

Großmannssucht war wie bei Daimler das Gift, das ABB in Schieflage brachte: Asbestbelastete Zukäufe in den USA unter Chef Percy Barnevik sorgten für heftige Klagsdrohungen, und Probleme mit einer Gasturbine brachten das Unternehmen ins Wanken. ABB-Aktien verloren zeitweise bis zu 70 Prozent ihres Wertes. Erst die Rückbesinnung auf die Grundkompetenzen und ein Vergleich in der Asbest-Geschichte holten ABB zurück auf die Gewinnerstraße. Die Aktie hat sich seit 2009 fast verdreifacht. (Reinhard Krémer, 2.9.2017)