Verfassungsrechtler Walter Berka über die Einladunspolitik des ORF zu Wahlkonfrontationen: "Die Orientierung am Klubstatus ist natürlich ein rückwärtsgewandtes Kriterium für die Einladung politischer Parteien zu bestimmten Sendungen."

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Wien – Die Kritik von Peter Pilz und Roland Düringer an der Einladungspolitik des ORF zu den Sendungen vor der Nationalratswahl am 15. Oktober stößt beim Verfassungsrechtler Walter Berka von der Universität Salzburg auf Verständnis. "Die Orientierung am Klubstatus ist natürlich ein rückwärtsgewandtes Kriterium für die Einladung politischer Parteien zu bestimmten Sendungen", sagt Berka auf STANDARD-Anfrage.

Wie berichtet, kritisierte Peter Pilz, dass er mit seiner Liste nicht zu den Zweier-Konfrontationen im ORF mit den Parteichefs eingeladen wird. Der ORF verweist bei seiner Entscheidung auf den Klubstatus der Parteien, den weder Pilz noch Düringer haben. Sie dürfen nur am 17. September an einer Runde der nicht im Parlament vertretenen Parteien teilnehmen. Jurist Berka sagt dazu: "Dieses Kriterium hatte vielleicht einmal eine Berechtigung und wurde so auch von der Judikatur bisher akzeptiert. In eine Zeit, in der sich klassische Parteien als 'Bewegungen' positionieren und die Parteienwelt dynamischer und sehr viel bunter geworden ist, passt dieses Kriterium nicht mehr. Der ORF täte gut daran, es zu überdenken."

Gesetz gibt dem ORF Spielraum

Laut Gesetz ist der ORF zur Objektivität verpflichtet. Dass der öffentlich-rechtliche Sender aber nicht automatisch alle Parteien einladen muss, die bei einer Wahl antreten, zeigt etwa ein Urteil zur Nationalratswahl 2013. Die Neos klagten, weil sie vom ORF nicht zur "Wahlfahrt" und den Wahldebatten eingeladen waren. Der Verwaltungsgerichtshof entschied im Juni 2015, dass dem ORF ein weiter Spielraum zukomme, nach welchen journalistischen Kriterien Diskussionsrunden zusammenzusetzen sind.

Ob der ORF im Falle der Nichtberücksichtigung von Peter Pilz gesetzwidrig handle, hängt laut Berka davon ab, ob der ORF "insgesamt, das heißt durch seine gesamte Berichterstattung, der politischen Relevanz und Chancengleichheit der politischen Parteien angemessen Rechnung trägt". (omark, 1.9.2017)