"Als Leiter von Schloss Schönbrunn muss man die Geschichte kennen und den Besuchern das geben, was sie wollen: in die Geschichte eintauchen", sagt Franz Sattlecker.

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Seit der Ausgliederung aus der Bundesverwaltung habe ich 25 Jahre für das Schloss Schönbrunn gearbeitet, seit 2012 als Alleingeschäftsführer der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (SKB). Am Anfang, 1992/93, wurde öffentlich massiv infrage gestellt, ob eine solche Ausgliederung funktionieren kann. Und unklar war auch, ob – damals unvorstellbar – damit Gewinne gemacht werden können.

Insbesondere am Anfang war diese Aufgabe deshalb keine leichte Sache, und in der öffentlichen Meinung und in den Zeitungen kamen wir phasenweise gar nicht gut weg. Der bauliche Zustand im Schloss war suboptimal, um es milde auszudrücken. Die Einnahmen aus den Eintritten waren niedrig. Trotzdem wurde diese Ausgliederung von vielen heftig bekämpft. Die Befürchtung war, dass wir aus Schönbrunn ein Disneyland machen.

Ich hatte aber bereits die Zahlen gesehen und wusste: Da ist was zu machen. Wir – also mein Co-Geschäftsführer Wolfgang Kippes und ich – haben die Ticketpreise erhöht und auf ein international übliches Niveau angepasst. Die vielen freien Eintritte und Vergünstigungen wurden zusammengestrichen. So wurden die Erträge binnen kurzem verdoppelt. Seither können wir die vielen Erhaltungsarbeiten und Investitionen aus eigener Tasche bewältigen.

Die Massen entzerren

Heute ist es eher so, dass wir uns über die Grenzen des Gästeansturms auf Schönbrunn Gedanken machen müssen. Die Gästezahlen in Wien steigen seit Jahren ungebrochen an. Durchaus ähnlich, wie es in Venedig, Paris oder Barcelona zu beobachten ist. Die maximale Kapazität im Schloss Schönbrunn sind tausend Besucher pro Stunde, 11.000 pro Tag – und dieses Limit erreichen wir an immer mehr Tagen im Jahr.

In Schönbrunn wird es deshalb nicht die Aufgabe der nächsten Jahre sein, immer mehr Leute reinzukriegen, sondern die Massen zu entzerren – und zwar über Preise und Zutrittssystem. So, dass zum Beispiel auch zu Randzeiten über günstigere Tickets mehr Leute kommen. Gleichzeitig kann man damit die Preise sozial verträglicher gestalten.

Wir haben seit vier Jahren ein Sicherheitskonzept, das auf drei Stufen basiert – abhängig von der jeweiligen Gefährdungssituation. Der Zugang zum Ehrenhof (der Platz vor dem Schloss, Anm.) kann im äußersten Fall gesperrt werden, und die Besucher können dann nur durch eine Sicherheitsschleuse und mittels Scan herein. Es ist im Prinzip das, was es woanders, etwa im Londoner Westminster Palace, auch gibt. Mit zu paramilitärischen Maßnahmen sollten solche Sicherheitskonzepte meiner Meinung nach ja nicht angelegt sein. Aber gut ist jedenfalls, wenn der neue Busparkplatz – wie geplant – über die Straße verlegt und damit vom Gebäude getrennt wird. Dort können künftig Gäste auch ihre Tickets beziehen, sodass sich vor allem die organisierten Reisegruppen nicht mehr beim Eingang stauen.

Status als Weltkulturerbe erhalten

Die Geschäftsführung in Schönbrunn konnte immer autonom agieren. Das ist auch wichtig so, denn wir haben viele legitime Interessen zu berücksichtigen. Politische Eingriffe würden die Arbeit erschweren.

Ich plädiere schon lange dafür, dass man die Pflege des Parks der SKB zuschlägt und somit das ganze Ensemble in eine Hand gibt. Denn das Problem ist derzeit, dass man im Landwirtschaftsministerium spart, und das sieht man halt. Es gibt nicht genügend Personal, und so ein barocker Park ist sehr pflegeintensiv. Einen Baumschnitt kann man nicht drei Jahre aufschieben.

Natürlich sollte für Schönbrunn der Status als Weltkulturerbe erhalten bleiben. Es gibt hier diesen Hochhausplan auf den Kometgründen. Die Höhe war ursprünglich mit 120 Metern vorgesehen und wurde dann auf 60 Meter limitiert. Es gibt Gerüchte, dass der Turm mit 80 Meter Höhe in Planung ist. Die Stadt Wien hat der Unesco aber versprochen, dass es maximal 60 Meter sind. Wenn da jetzt erhöht wird, werden wir wirklich ein Problem bekommen, denn die Unesco-Leute sind von diesem ewigen Hin und Her, das sie auch beim Heumarktprojekt erleben mussten, mäßig begeistert.

Den Besuchern geben, was sie wollen

Man darf ein Weltkulturerbe nicht nur touristisch sehen. Ich denke, dass man grundsätzlich sorgsam mit dem kulturellen Erbe umgehen muss. Nicht wegen der Gäste, die bleiben nicht weg, wenn man ein Hochhaus irgendwo baut. Sondern wegen des Schutzes des Ensembles, das man für die Nachwelt erhalten muss. Das Komet-Gebäude würde die Sichtachse zur Wiener Innenstadt stören.

Als Leiter von Schloss Schönbrunn muss man die Geschichte kennen und den Besuchern das geben, was sie wollen: in die Geschichte eintauchen. Die Prunkräume sind die authentischen Lebensräume der kaiserlichen Herrscher. Genau dieses Ambiente wollen die Besucher sehen: Wie haben die Herrscher gelebt? Die wollen keine multimedial aufbereiteten Highlights und keine Touchscreens. (Protokoll: Johanna Ruzicka, 2.9.2017)