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Nicht alle Fans verhielten sich in Prag einwandfrei.

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Mats Hummels war empört über die Nazi-Parolen.

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Prag – Mats Hummels stellte seinen Koffer ab und ließ die über 90 Minuten aufgestaute Wut heraus. "Katastrophe! Ganz schlimm", schimpfte der Siegtorschütze des 2:1 (1:0) des DFB-Teams gegen Tschechien in Prag über einen Teil der deutschen "Fans" in der Eden Aréna.

Pöbeleien, vereinzelte Sieg-Heil-Rufe, üble Beleidigungen gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und Timo Werner waren aus einem Pulk von etwa 200 Personen zu hören gewesen. Beide Nationalhymnen und eine Schweigeminute wurden mit Unflätigkeiten gestört.

Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff gaben sich eher beschwichtigend – die Spieler hatten alles hautnah erlebt und die Schnauze voll. Julian Brandt berichtete von "Gesängen mit nationalsozialistischem Hintergrund", die Mannschaft verweigerte den Gang in die Fankurve.

DFB-Präsident Reinhard Grindel sah dies mit Stolz. "Wir werden niemals faschistische, rassistische, beleidigende oder homophobe Schlachtrufe dulden", sagte er. "Gemeinsam – als Mannschaft, Fans und DFB – müssen wir uns diesen Krawallmachern entgegenstellen." Grindel lobte das "feine Gespür" der Mannschaft für diese Maxime.

Hummels: "Das sind keine Fans"

Hummels: "Das war so weit daneben, dass sich die Frage gar nicht stellte. Timo Werner wurde beleidigt, bepöbelt, dann fangen die Fans an, diesen Scheiß zu rufen. Davon distanzieren wir uns komplett, damit wollen wir nichts zu tun haben", sagte der Bayern-Profi. "Das sind keine Fans, das sind Krawallmacher, Hooligans, die haben nichts mit Fußballfans zu tun. Die müssen wir aus dem Stadion raus kriegen.

"Bierhoff wollte zumindest aus dem Thema Werner-Schmähungen "kein Riesendrama" machen. "Das sollte man nicht zu hoch hängen. Ich würde einfach mal vorschlagen, dass wir nicht mehr darüber schreiben." Zudem berichtete er Interessantes. Es habe – übrigens am Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen 1939 – zwei Fanblöcke in der Arena gegeben: "Einen haben wir geordnet, beim anderen lief der Ticketverkauf nicht über uns." So konnten Problemfans ins Stadion gelangen, die schon rein optisch dem rechten Spektrum zuzuordnen waren.

"Scheiß-DFB"-Rufe

Eine andere Ebene des Eklats waren "Scheiß DFB"-Rufe: Sie gab eserstmals bei einem Länderspiel, an ihnen beteiligte sich auch der"normale" Block. "Ich bin nach dem Spiel direkt rein und weiß nicht, welche Sprechgesänge es draußen gab", sagte Löw, "ich habe ehrlich nichts mitbekommen." Dabei waren die Störer schon vor dem Anpfiff des WM-Qualifikationsspiels kaum zu überhören gewesen. Sie brüllten ihre Parolen in beide Nationalhymnen hinein, während der Schweigeminute für zwei verstorbene tschechische Fußballfunktionäre pöbelten sie.

Werner, Schütze des 1:0 (4.), erklärte sich die Beschimpfungen, die er seit Monaten in allen Stadien zu ertragen hat, mit Hass auf seinen Verein RB Leipzig. "Man weiß, was hier in der Nähe liegt", sagte er in Anspielung auf Leipzigs Ost-Rivalen Dynamo Dresden, "da kann man sich denken, woher das kommt." (sid, 2.9.2017)