Der Neue im KHM: Eike Schmidt.

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Florenz/Rom/Wien – Die Ankündigung, dass Eike Schmidt, zurzeit Direktor der Uffizien in Florenz, Mitte 2019 die Leitung des Kunsthistorischen Museums (KHM) Wien übernimmt, hat in Florenz Sorge und Kritik ausgelöst und beschäftigt jetzt auch das italienische Parlament. Die Vize-Präsidentin des Senats, Rosa Maria Di Giorgi, forderte Transparenz über die Hintergründe, die Schmidt zum Wechsel nach Wien bewogen haben.

Di Giorgi erklärte sich über Schmidts Ankündigung "überrascht". "Aus Respekt gegenüber der Geschichte und dem Prestige der Uffizien fordern wir Klarheit über die wahren Gründe von Schmidts Wechsel. Wir fragen uns, was geschehen sein könnte, um einen derart gravierenden Beschluss zu rechtfertigen", betonte die Politikerin in einem Schreiben. Die Uffizien seien ein derart wichtiges Museum, dass jeder Direktor sich voll seinem Amt widmen sollte.

"Negatives Signal", "Kalte Dusche"

Die Stadt Florenz hatte fest mit einer zweiten Periode des 49-jährigen Deutschen gerechnet. Er hatte im November 2015 als erster Ausländer die Leitung der Uffizien, dem größten und wichtigsten Museum Italiens, übernommen. Die Stadt spekuliert jetzt über "Müdigkeit" Schmidts wegen bürokratischer Schwierigkeiten, Problemen mit den Gewerkschaften und Meinungsverschiedenheiten mit dem Florentiner Bürgermeister Dario Nardella.

Auch dieser zeigte sich über Schmidts Entschluss "überrascht". "Ich hoffe, dass die positive Zusammenarbeit zwischen den Uffizien und der Gemeinde nicht unter Schmidts Plänen leiden wird", so Nardella. Stefano Boeri, Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der Uffizien, bezeichnete Schmidts Wechsel an das KHM als "negatives Signal".

Verlockendes finanzielles Angebot

Die römische Tageszeitung "La Repubblica" bezeichnete am Samstag den Wechsel Schmidts als "kalte Dusche für die Florentiner Kulturwelt". Das Blatt berichtete über ein für Schmidt besonders verlockendes finanzielles Angebot des KHM. "Das KHM will denselben Weg der Modernisierung und Verwertung beschreiten, den die Uffizien mit Eike Schmidt unternommen haben", hieß es in der Zeitung.

Die Gefahr sei, dass Schmidt nach der Ankündigung seines Wechsels nach Wien an Glaubwürdigkeit verlieren könnte. "Mit welcher Glaubwürdigkeit kann ein Museumsdirektor Reformen umsetzen, wenn er seine Zukunft schon an ein anderes Museum gebunden hat?", fragte sich das Blatt. Die Gefahr sei, dass Museumsdirektoren künftig wie Fußballtrainer werden, die den Klub wechseln, sobald sie ein besseres finanzielles Angebot erhalten, kommentierte die römische Tageszeitung.

"Europäische Luft"

"Wenn man die berufliche Laufbahn Eike Schmidts betrachtet, der nach einem internationalen Wettbewerb vom italienischen Kulturminister Dario Franceschini an die Spitze der Uffizien gehievt wurde, kann man sagen, dass die italienische Museumsreform funktioniert", schrieb die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Schmidt habe "europäische Luft" ins enge Universum der italienischen Museen gebracht, das zu oft "provinziell und kurzsichtig" sei, kommentierte das Blatt.

Unter dem Titel "Das ging aber presto" erinnerte die "Süddeutsche Zeitung" daran, dass Schmidt seine Reformen in Florenz sehr rasch umsetzte. Sein Tempo habe er damit erklärt, dass man sich auf die Beständigkeit der Kulturpolitik nicht verlassen könne und je mehr Reformen erreicht seien, desto weniger könne später zurückgenommen werden. In Wien werde Schmidt "ein geordnetes Haus, eine der bedeutendsten Sammlungen der Welt und zumindest halbwegs klare Bedingungen vorfinden". (APA, 3.9.2017)