Die ÖVP stößt sich daran, dass Tarek Leitner mit Bundeskanzler Kern einen Urlaub verbracht hat.

Foto: ORF/HansLeitner

Wien – ORF-Moderator Tarek Leitner prüft rechtliche Schritte gegen ÖVP-Kandidat Efgani Dönmez. Dönmez hat Leitner mehrmals vorgehalten, gegenüber der SPÖ befangen zu sein.

Noch am Montag wiederholte Dönmez seinen Vorwurf, es gebe ein persönliches Naheverhältnis zwischen Leitner und Bundeskanzler Christian Kern, er hätte daher die Moderation des ORF-"Sommergesprächs" nicht annehmen dürfen. Dönmez' Behauptung, Kern habe mit Leitner im Vorjahr einen Urlaub in Marokko verbracht, hatte sich jedoch als falsch herausgestellt. Trotzdem blieb der ÖVP-Kandidat bei seinen Anschuldigungen.

Da es sich dabei um rufschädigende Aussagen handeln könnte, prüfe man nun rechtliche Schritte gegen Dönmez, erfuhr der STANDARD aus dem ORF.

Leitner hatte bereits im Juni in Interviews erzählt, dass er gemeinsam mit Kerns Familie und anderen Familien ein Haus in Ibiza gemietet hatte – zu der Zeit, als Kern ÖBB-Chef und noch nicht Bundeskanzler war. Familie Kern und Familie Leitner würden einander über ihre Kinder, die die gleiche Volksschule in Wien besuchten, kennen, wie "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak in seinem Wahlbriefing schreibt.

Gemeinsame Traunsteinbesteigung

Noch zweimal waren die Familien gemeinsam auf Urlaub, allerdings war in Marokko der Bundeskanzler nicht mit, beim zweiten Mal Ibiza der ORF-Moderator. Dönmez will das als Ausrede nicht gelten lassen. Er wolle damit nicht die Integrität Leitners infrage stellen, schreibt er auf seinem Blog und ihm auch nicht die Freundschaft zu Kern vorwerfen. Er verstehe aber nicht, warum Leitner weiterhin die TV-Duelle moderieren soll, und kritisiert das als Fehlentscheidung des ORF.

Aber der frühere Grüne, der nun bei der ÖVP auf Listenplatz fünf gereiht ist, lässt dabei unter den Tisch fallen, dass auch Sebastian Kurz privat Kontakte zu Journalisten sucht. In der ORF-Sendung "Frühstück bei mir" im Juni 2017 erzählte der ÖVP-Spitzenkandidat von einer gemeinsamen Bergtour mit "Profil"-Chefredakteur und Herausgeber Christian Rainer.

Auch Vizekanzler Wolfgang Brandstetter verfügt über eine enge Freundschaft zu Christian Rainer. Er hätte laut Medienberichten sogar sein Trauzeuge werden sollen, wäre es zur Vermählung mit der ORF-Journalistin Nadja Bernhard gekommen.

Maßnahmenkatalog für Objektivität

Die Debatte hat auch den ORF-Stiftungsrat erreicht. Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, fordert von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz einen Maßnahmenkatalog für ORF-Objektivität im Wahlkampf. Wrabetz ist seit Jahresanfang selbst für die Information des Senders verantwortlich.

"Verantwortung nur auf dem Papier zu übernehmen genügt nicht. Jetzt ist der Generaldirektor als Infochef des ORF gefordert, die Schlagseite, die er erzeugt hat, auch wieder zu beheben", erklärte Zach. "Der Generaldirektor muss im Stiftungsrat nächste Woche klar und eindeutig darlegen, wie er für den Rest des Wahlkampfs für Fairness und Objektivität sorgen will." Schon der Anschein von mangelnder Äquidistanz sei ein Problem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, erklärte Zach.

Cap fordert Einstellung der ÖVP-Angriffe auf den ORF

SPÖ-Mediensprecher Josef Cap fordert eine Ende der ÖVP-Attacken auf den ORF. "Dönmez und Co sollen unqualifizierte Angriffe auf ORF-Mitarbeiter einstellen", sagte Cap am Montag. "Wenn in einem Interview ein Politiker keine schlüssigen Antworten auf die ihm gestellten Fragen geben kann, liegt das nicht an den Fragen", meinte Cap mit Blick auf das ORF-"Sommergespräch" von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. "Dönmez und offenbar auch einige andere in der ÖVP dürften gedacht haben, ihr Spitzenkandidat könne übers Wasser gehen, und sind nun bitter enttäuscht, dass er im 'Sommergespräch' nur geschwommen ist." Er verstehe zwar die Enttäuschung darüber, das rechtfertige aber noch lange nicht die Untergriffe. (red, 4.9.2017)