Blick über die Sitzreihen und Tablets auf die Bühne.

Foto: APA/LEMON42

Das Menü des Systems.

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Wien – Die Wiener Staatsoper spielt künftig nicht mehr nur auf der Bühne alle Stückerln. Mit der Saisoneröffnungspremiere "Il Trovatore" am Montagabend geht auch das neue Untertitelsystem des Hauses in Betrieb. Zwei Millionen Euro wurden investiert, um die 16 Jahre alte Vorgängeranlage zu ersetzen. "Viele Pannen und keine Ersatzteile mehr verfügbar", fasste Direktor Dominique Meyer deren Manko bei der Präsentation des Nachfolgemodells am Montagvormittag zusammen.

Sechs Sprachen (zu den bisher verfügbaren Deutsch und Englisch ab nun auch Italienisch, Französisch, Russisch, Japanisch) sind schon im System, die Aufstockung auf acht (Spanisch, eventuell Tschechisch) ist in Planung. Dazu kann man über den Touchscreen vor den Aufführungen und in den Pausen schon jetzt Informationen zu Besetzung, anderen Produktionen und Spielplan, Kartenverkauf, Besucherverhaltenskodex oder Souvenirshop abrufen oder den Newsletter des Hauses abonnieren. Während der Aufführungen ist aber nur der Operntext verfügbar: "Wir wollen nicht, dass die Leute während der Vorstellungen mit den Bildschirmen spielen", so Meyer.

Möglichkeiten für Sponsoren und Regisseure

Zusatzfunktionen folgen nach einer Eingewöhnungsphase. Nach und nach soll man vom Sitzplatz aus etwa auch Bestellungen beim Buffet tätigen können. Die individuelle Ansteuerung jedes Tablets könnte neben Sponsoren auch für Regisseure interessant sein, meint man, und Letztere auf den Geschmack bringen, die Bildschirme in Inszenierungen einzubauen. Zum Beispiel, um Videos abzuspielen. "Es gibt keine andere Oper, wo man so etwas hat", so Meyer.

Nach einer internationalen Ausschreibung mit der Entwicklung der Screens und des Programms betraut wurden das heimische Unternehmen Lemon42 (Projektleitung und Software) und die italienisch-schweizerische Firma Marconi (Hard- und Software). Knapp sechs Wochen dauerte die Installation im Haus. Auf WLAN hat man verzichtet, deckt dafür hinter Nussbaumholzleisten auch die Stromversorgung ab. Filterfolien sollen das Tablet des Nebensitzers für einen selbst unsichtbar – und damit auch weniger störend – machen.

Auf in die Zukunft

Christopher Widauer vom Digital Development der Staatsoper sprach bei der Präsentation von einem "ganz wichtigen Schritt in die digitale Welt". Händisch erfolgt auch weiterhin das Weiterschalten der Texte. "Das wird immer so sein, dass jemand auf den Knopf drückt", sagt Meyer, schließlich seien keine zwei Vorstellungen komplett gleich hinsichtlich Tempo, Applauspausen etc. Die eingeblendeten Texte sind übrigens leicht gekürzt – sonst komme man ja nicht dazu, auf die Bühne zu schauen.

Die Texte der ersten beiden Vorstellungsmonate seien schon im Computer, alle Texte stünden in den Übersetzungen schon bereit. Die Übersetzungen in die Zielsprachen erfolgen übrigens immer aus der im Haus vorliegenden deutschen Textfassung – ausgenommen seien die Texte der Originallibretti, so der mit der Texterstellung betraute Dramaturg Andreas Láng.

Vergangenheit bewahren

Nicht nur der Zuschauerraum wird mit den 2021 Displays erneuert. Zum 150-Jahr-Jubiläum der Hofoper 2019 wurde im Sommer auch begonnen, Teile des Baus zu renovieren – aktuell das Eingangsfoyer. Nächstes Jahr folgt u. a. die Loggia.

Die von Kulturminister Thomas Drozda bei der Bestellung von Bogdan Roščić zum Direktor ab 2020 gewünschte "Staatsoper 4.0" – man ist auf dem Weg dorthin. (wurm, 4.9.2017)