Berlin/Wien – Was für SPD-Vorsitzenden Martin Schulz eine Premiere war, macht Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits zum vierten Mal: Am vergangenen Sonntag trafen die beiden Spitzenkandidaten im TV-Duell aufeinander. Nach der Debatte, die im Vorfeld der Bundestagswahl am 24. September stattgefunden hatte, wurde Merkel als souveräne Gewinnerin gefeiert. Auf ihren Lorbeeren ausruhen wird sich die 63-Jährige dennoch nicht, schließlich weiß sie aus eigener Erfahrung, dass die Ergebnisse dieser Fernsehdiskussionen nicht notwendigerweise aussagekräftig sind. Denn Merkel selbst ist nicht aus jedem von ihr bestrittenen TV-Duell als Siegerin hervorgegangen – aus den darauffolgenden Wahlen allerdings schon. Es ist also nicht besiegelt, dass Schulz dasselbe Schicksal ereilt, wie seine Vorgänger Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück – allesamt von der SPD –, die bisher Merkels Konterpart bei den Fernsehduellen darstellten.

Merkel vs. Schröder – Erfolgsrezept Liebeserklärung

Zum ersten Mal stellte sich Merkel am 4. September 2005 einer Zweierdiskussion im Fernsehen. Ihr Gegenspieler war Gerhard Schröder, damals schon seit mehr als dreißig Jahren in der Politik tätig und seit Oktober 1998 Bundeskanzler. Das TV-Duell hatte über 20 Millionen Zuschauer – ein Rekord, der bis heute nicht gebrochen wurde. Schröder, angeschlagen durch massiv kritisierte Projekte wie das Reformkonzept "Agenda 2010" und kontroverse Aussagen seiner damaligen Frau Doris Schröder-Kopf bezüglich Merkels Kinderlosigkeit, lag vor dem Duell in den Umfragen zurück. Doch genau seine Frau war es, die ihn im Beliebtheitsranking wieder stabilisieren konnte: Vor einem Millionenpublikum erklärte er ihr während des Duells seine Liebe, eine Geste, die zwar bei den professionellen Berichterstattern nicht so gut ankam, bei der Bevölkerung dafür umso besser.

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Auf freundliches Händeschütteln folgte ein lebhaftes Duell, das auch als Plattform für eine Liebeserklärung an Schröders Ehefrau genutzt wurde: Angela Merkel und Gerhard Schröder am 4. September 2005.
Foto: EPA/Herbert Sachs/Pool

Neben den Steuerreformplänen des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof war Merkels Führungsstärke eines der dominierenden Themen des Abends. Das Volk, so die Moderatoren der Debatte, würde aktuell noch mehr darauf vertrauen, dass Schröder es sicher durch eine Krise bringen und beschützen könne. Merkel konnte sich bei ihrer Antwort einen Seitenhieb Richtung Schröder nicht verkneifen, als sie sagte: "Ich weiß mich im Gegensatz zum Bundeskanzler meiner Parteifreunde sicher und dass wir gemeinsam unseren Kurs tragen." Sie spielte dabei auf das immer offensichtlicher werdende fehlende Vertrauen der Fraktion in Schröder an.

Trotz ihrer schlagfertigen Antworten überzeugte Merkel bei dem TV-Duell mehrheitlich nicht. Bei den darauffolgenden Wahlen am 18. September wurde die SPD, wie Schröder gern betonte, die stimmenstärkste Einzelpartei – er hatte die Unionsparteien CDU und CSU einzeln gerechnet, die zusammen die SPD besiegt hatten. Durch die Koalition der Union mit der SPD konnte Merkel sich schließlich den Posten als Bundeskanzlerin sichern – als erste Frau in dieser Position und jüngste Amtsträgerin bisher.

Merkel vs. Steinmeier – Mehr Duett als Duell

Der heutige deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Merkel begegneten sich am 13. September 2009 im Fernsehen. Steinmeier war damals der stellvertretende Bundeskanzler und Außenminister. Trotz Konkurrenz war in dem Gespräch nicht zu leugnen, dass in vielen Sachverhalten keine große politische Distanz zwischen den beiden gegeben war. Merkel bekannte sich zwar zu Schwarz-Gelb, einer Koalition, in der die SPD durch die FDP ausgetauscht werden würde, blieb aber sonst weitestgehend zurückhaltend, was zur Bemerkung von Moderator Peter Limbourg führte, der sagte: "Das klingt ja mehr nach Duett und weniger nach Duell."

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Skeptische Blicke von der Seite: Merkel und Frank-Walter Steinmeier beim TV-Duell am 13. September 2009.
Foto: Reuters/Ho/RTL

Steinmeier nutzte seine größte Chance, als er Merkels von der FDP ausgeliehene Parole "Mehr Netto vom Brutto" glaubhaft auseinandergenommen hatte. Das verhalf ihm zwar zu Zustimmung – vor allem bei den bis dahin unentschiedenen Wählern –, konnte aber dennoch kaum den Vorsprung Merkels verringern, wenn es um die Fragestellung ging, wer letztendlich besser als Kanzler geeignet sei.

Merkel vs. Steinbrück – Widersprüchliche Umfragen

Weniger friedlich war die TV-Debatte am 1. September 2013, als Merkel auf den SPD-Bundestagsabgeordneten Peer Steinbrück traf. Dafür wurde aber eher Steinbrück verantwortlich gemacht als Merkel, die, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb, "allem auswich, was ein Duell zu einem Duell machen könnte".

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Angriffslustig: Peer Steinbrück stand Merkel am 1. September 2013 gegenüber.
Foto: reuters/ARD/Max Kohr/Pool

In dem 90-minütigen Gespräch lieferten sich die beiden einen Schlagabtausch bezüglich Themen wie Syrien, des NSA-Abhörskandals und des Mindestlohns. Steinbrück gab sich besonders angriffslustig, prallte mit seinen Attacken aber meistens an Merkel ab, die sich lieber auf ihre hohen Sympathiewerte verließ und keine große Konfrontation suchte. Das Ergebnis des TV-Duells war so widersprüchlich wie wenig aussagekräftig: Die Umfragen des ZDF und der ARD, die normalerweise ähnliche Ergebnisse aufweisen, hatten zwei verschiedene Gewinner – beim ZDF war es Merkel, bei der ARD Steinbrück. Experten sahen darin einen Erfolg für Merkel und sagten, Steinbrück habe nicht genug überzeugen können. Bei der auf das Duell folgenden Bundestagswahl feierte Merkel dann ihren bisher deutlichsten Erfolg mit 41,5 Prozent, was einem Gewinn von 7,7 Prozent im Vergleich zur vorigen Wahl gleichkommt.

Noch vor der diesjährigen Wahl sollen Merkel und Schulz am 21. September im Rahmen einer "Schlussrunde" erneut aufeinandertreffen. Bei dieser sollen alle Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien teilnehmen, ausgestrahlt wird sie von den deutschen Fernsehsendern ARD und ZDF. (Carla Márquez, 4.9.2017)