Zwischen Drohungen mit einem Nuklearschlag und Tweets über Handelsblockaden fand Donald Trump am Sonntag auch Zeit für traditionellere Formen der Diplomatie. Neben Japans Premier Shinzo Abe galt sein Anruf Südkoreas Präsident Moon Jae-in, dem er kurz zuvor noch in seinem Lieblingsmedium Appeasementpolitik vorgeworfen hatte. Ihm versicherte er seine Loyalität.

Ob Moon ihm glaubte, ist nicht sicher. Grund zum Misstrauen hätte er. Denn bisher hat Trump nicht erkennen lassen, dass ihm die Allianz mit Südkorea besonders am Herzen liegt. Zudem verschiebt sich der Fokus der US-Verteidigung, sollte Nordkorea wirklich das amerikanische Festland mit Atomwaffen erreichen können. Dann geht es darum, die USA zu schützen – notfalls auch mit einem Präventivschlag, der die Bevölkerung von Südkoreas Millionenmetropolen massiv gefährdet. Trump wird vom US-Senator Lindsey Graham mit den Worten zitiert, wenn schon Tausende sterben müssten, dann "dort" und nicht in den USA. Auch daraus wird Moon seine Schlüsse ziehen.

Da hilft es nur bedingt, dass zumindest das Pentagon sich bemüht, klare Signale zu senden – schließlich ist es gezwungen, Trumps früheren Ankündigungen zu widersprechen. Für eine diplomatische Eindämmung der Krise ist das Gift. Wenn schon der wichtigste Verbündete in diesem Konflikt an der Glaubhaftigkeit Trumps zweifelt, wie sollte Nordkorea dann mit dem US-Präsidenten verhandeln? (Manuel Escher, 4.9.2017)