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Sportwagen oder Flugzeuge: IWC Schaffhausen gibt sich betont männlich. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.

Fotos: Getty Images for IWC/Lukas Schulze

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Christoph Grainger-Herr: "Ich glaube, wir sind heute eine der wenigen Marken innerhalb der Luxusuhrenbranche, die das Potenzial haben, ikonisch zu werden."

Fotos: Getty Images for IWC/Lukas Schulze

STANDARD: "Ich bin IWC durch und durch", haben Sie in einem Interview gesagt. Wie wird man durch und durch IWC?

Christoph Grainger-Herr: Ich arbeite schon seit über zehn Jahren für und mit der Marke, und das in unterschiedlichen Bereichen. Auch als CEO fühlt sich alles nach wie vor familiär und gewohnt an. Innerhalb der Luxusbranche ist das eine andere Art von Management. Es geht hier darum, ein inessenzielles, aber hochemotionales Produkt zu verkaufen. Das kann man nur dann machen, wenn man die Markenwerte spürt und lebt. Ich könnte mich nicht endlos verbiegen und für jede Uhrenmarke oder Automarke arbeiten. Es gibt Marken, die verstehe ich. Da weiß ich, woran ich bin.

STANDARD: Wie meinen Sie das?

Grainger-Herr: Wenn Sie die Schweizer Uhrenindustrie anschauen, dann gibt es die Westschweiz und die Ostschweiz. In der Westschweiz sind diejenigen Marken zu Hause, die traditionell eher auf aufwendige Dekorationen und filigranes Kunsthandwerk setzen. Wir haben einen anderen Ansatz.

STANDARD: Welchen denn?

Grainger-Herr: Wir stehen für eine Verbindung von präzisem Engineering mit einem zeitlosen Design. Das ist durch unsere Geschichte begründet. Wir sind keine Dekorateure oder detailversessene Kunsthandwerker, sondern Systemingenieure, die nach einer Symbiose von Form und Funktion streben.

STANDARD: Kommt daher auch das betont männliche Image?

Grainger-Herr: Wir haben uns bewusst als männliche Marke positioniert. Man darf aber nicht vergessen, dass wir bereits um das Jahr 1870 erste Damenuhren produziert haben. Aber es stimmt, dass wir rund um unsere Uhren viele Geschichten erzählen, die von klassischen Männerträumen wie dem Fliegen, dem Motorsport oder dem Tauchen handeln. Dieses Storytelling macht uns als Marke aus.

STANDARD: Storytelling scheint eines Ihrer persönlichen Steckenpferde zu sein.

Grainger-Herr: Das kommt daher, dass ich um ein Haar ins Setdesign beim Film gegangen wäre. Ein Gebiet, das mich sehr reizt. Aber wir sind schon eine sehr cineastische Marke, auch aus diesem Grund finde ich mich bei IWC wieder. Wir setzen auf Themen, die relevant sind und bleiben.

STANDARD: Apropos relevant: Wie wollen Sie junge Menschen an die Marke heranführen?

Grainger-Herr: Wenn ich sehe, in welchem Alter unsere Kunden sind, wie viele in ihren frühen Dreißigern zu uns stoßen, wenn ich sehe, wie viele Silicon-Valley-Manager mechanische Uhren tragen, mache ich mir kaum Sorgen. Ich bin überzeugt, dass mechanische Uhren ihren angestammten Platz am Handgelenk behalten werden.

STANDARD: IWC hat vergleichsweise früh auf Social Media und Co gesetzt.

Grainger-Herr: Wir nutzen alle Kanäle und bauen unser E-Commerce-Angebot weiter aus. Als eine der ersten Uhrenmarken arbeiten wir mit Mr. Porter und Net-a-Porter zusammen, was zu einem regen Austausch zwischen der Online- und Offline-Welt führt. Drei bis vier unserer Retail-Partner gehen mit ihrem Angebot monatlich online. Die unterstützen wir mit allen Mitteln.

STANDARD: Was sagen die Konzessionäre dazu?

Grainger-Herr: Was oftmals verwechselt wird in diesen Diskussionen: Es geht nicht darum, ein Online-Discount-System aufzubauen, wie man das etwa von Haushaltsgeräten kennt. Das machen wir nicht: Sie zahlen bei Net-a-Porter genauso viel wie beim Konzessionär. Hier geht es darum, zunächst komplementäre Erlebnisse zu bieten. Am Ende haben wir ein Omnichannel-Netzwerk, in dem der Kunde entscheiden kann, wann, wo und wie er die Uhr kauft.

STANDARD: Soll damit die Hemmschwelle herabgesetzt werden, weil sich nicht jeder in eine IWC-Boutique traut?

Grainger-Herr: Letzteres sollte bei uns auf keinen Fall passieren, sonst haben wir etwas falsch gemacht.

STANDARD: Schon, aber online ist diese Barriere von Haus aus nicht vorhanden ...

Grainger-Herr: Klar, mit E-Commerce haben wir die perfekte Informationsplattform rund um die Uhr, wo Sie als Konsument alle relevanten Informationen finden. Im Luxusbereich wird Online-Shopping den physischen Laden aber noch lange nicht ablösen. Letztendlich stellt sich die Frage: Wie ist es für den Kunden am einfachsten?

STANDARD: Es entsteht aber der Eindruck, dass die Branche darauf recht träge reagiert.

Grainger-Herr: Jein. Die Luxusindustrie, die zeitlose Produkte anbieten möchte, tut schon gut daran, nicht auf jeden Trend sofort aufzuspringen.

STANDARD: Warum?

Grainger-Herr: Wir sind nicht in der Modebranche. Die Vergänglichkeit ist nicht unser Geschäft. Wenn ich mir heute ein Fashionprodukt kaufe, dann entscheide ich mich innerhalb von Sekunden für etwas, das in sechs Monaten wieder "out" ist. Den Kauf einer Uhr überlege ich mir vielleicht doch über mehrere Monate. Die Dynamik ist nicht vergleichbar.

STANDARD: Ihr Ziel ist es, IWC zur global dominanten Luxusmarke zu machen. Was haben Sie vor?

Grainger-Herr: Ich glaube, wir sind heute eine der wenigen Marken innerhalb der Luxusuhrenbranche, die das Potenzial haben, ikonisch zu werden. Unter diesen Voraussetzungen muss man sich entscheiden, ob man weiter wachsen möchte oder ob man eine Strategie der Verknappung fährt. Ich möchte IWC mehr Menschen zugänglich machen.

STANDARD: Besteht in diesem Zusammenhang nicht die Gefahr einer Verwässerung?

Grainger-Herr: Ich würde Wachstum nicht gleichsetzen mit Verwässerung. Wir müssen es schaffen, den Kern der Marke starkzuhalten und gleichzeitig das Markenimage trotzdem bzw. trotz der Kommerzialisierung zu bewahren. Das ist unsere Managementaufgabe: Exklusivität und Verfügbarkeit auszutarieren. Das ist das Spiel, das wir täglich spielen. Aber vor allem macht es Riesenspaß. (Markus Böhm, RONDO, 8.9.2017)

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