Der Schreckliche Pfeilgiftfrosch sieht eher giftig aus. Dass ein in freier Wildbahn lebendes Tier mit seiner Giftmenge theoretisch 10.000 Mäuse oder bis zu zwei Elefanten umbringen könnte, sieht man ihm aber nicht an.

Wilfried Berns

Warum diese in Kolumbien beheimatete Amphibienart das Adjektiv "schrecklich" auch im wissenschaftlichen Namen (Phyllobates terribilis) trägt, ist leicht erklärt: Die gelbe Haut des Schrecklichen Pfeilgiftfroschs, der rund fünf Zentimeter groß wird, enthält ungefähr ein Milligramm Batrachotoxin. Und mit dieser Menge des hochwirksamen Gifts lassen sich entweder rund 10.000 Mäuse, zehn Menschen oder bis zu zwei Elefanten töten.

Einsatz auf Blasrohrpfeilen

Von der indigenen Bevölkerung in der Provinz Chocó in Kolumbien wurden diese Frösche benutzt, um mit ihrem Hautgift Blasrohrpfeile zu imprägnieren – ähnlich wie das andere indigene Völker Südamerikas mit anderen giftigen Arten der Familie der Baumsteigerfrösche (Dendrobatidae) getan haben.

Werden die giftig gelben Tiere freilich in unseren Breiten gehalten, verlieren sie ihre Giftigkeit. Denn um Batrachotoxin zu synthetisieren, brauchen die Tiere Alkaloide spezieller tropischer Futterinsekten.

Der Schlüssel: Natriumkanäle

Warum aber stirbt der Schreckliche Pfeilgiftfrosch nicht selbst an seinem Gift? Sho-Ya Wang und Ging Kuo Wang (State University of New York) haben diese Frage nun im Fachblatt "PNAS" beantwortet. Ausgangspunkt ihrer Studie war die Wirkungsweise von Batrachotoxin: Es blockiert kleine Poren in den Membranen der Nervenzellen, durch die Natriumionen ins Zellinnere gelangen. Das hat zur Folge, dass die Nervenzellen keine elektrischen Impulse mehr erzeugen, was zu Krämpfen und dem Tod führt.

Die Lösung: Eine Punktmutation

Die Forscher gingen davon aus, dass die Lösung in den Genen liegen muss, die diesen Natriumkanal kodieren. Also schleusten sie gezielt fünf verschiedene Mutationen in Mausmuskelzellen ein – und tatsächlich: Die Zellen wurden dadurch gegen Batrachotoxin immun.

Als entscheidend erwies sich laut Wang & Wang eine einzige Mutation, die für sich allein genommen schon ausreicht, das Gift zu neutralisieren: Nur eine Aminosäure, die im Protein die 1584. Aminosäure Asparagin mit Threonin ersetzt, ist demnach verantwortlich dafür, dass sich Schreckliche Pfeilgiftfrösche nicht an ihrem eigenen Gift vergiften. (tasch, 9.9.2017)