Peter Pilz: Die bisherige Rechtsprechung gibt seiner Klage gegen den ORF wenig Aussicht auf Erfolg.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die von Peter Pilz angekündigte Beschwerde und Klage gegen den ORF hat nach bisheriger Rechtsprechung wenig Aussicht auf Erfolg. Die Spruchpraxis von der Medienbehörde bis zum Verwaltungsgerichtshof dazu ist eindeutig. Beide Instanzen sehen es als "sachlich gerechtfertigt" an, wenn der ORF bei seiner Einladungspolitik zu den TV-Konfrontationen auf das Bestehen eines Parlamentsklubs abstellt.

Dies geht etwa aus einer Beschwerde der Neos aus dem Jahr 2013 hervor. Die Pinken hatten damals Medienbehörde und Verwaltungsgerichtshof angerufen, weil sie bei den Konfrontationen, der "Wahlfahrt", "Im Zentrum" und in der Ö1-Sendereihe "Klartext Spezial" nicht eingeladen waren. Der ORF hatte zu den Sendungen nur im Parlament vertretene Parteien mit Klubstatus zugelassen. Das Team Stronach wurde deshalb zu den Sondersendungen zur damaligen Nationalratswahl eingeladen, die Neos traten erstmals an, waren noch nicht im Parlament vertreten und blieben damit draußen vor der Studiotür.

Kein Verstoß gegen Objektivitätsgebot

Der ORF habe mit dieser Entscheidung nicht gegen das Objektivitätsgebot im ORF-Gesetz verstoßen hielt der Verwaltungsgerichtshof im August 2015 in letzter Instanz fest. Auf die Frage des Klubstatus hatte die Medienbehörde bzw. der damals zuständige Bundeskommunikationssenat schon einmal 2006 abgestellt und dieses Kriterium für "sachlich gerechtfertigt" beurteilt.

Pilz, der sich mit einer eigenen Liste von den Grünen abgespalten hat, der aufgrund der inzwischen geänderten Nationalratswahlordnung derzeit aber keinen eigenen Klub im Parlament gründen kann, fühlt sich vom ORF boykottiert und will diesen klagen, wie er gegenüber der "Krone" ankündigte. In den nächsten Tagen werde er bei der Medienbehörde eine Beschwerde wegen Verletzung des Objektivitätsgebots einbringen, danach will Pilz eine Feststellungsklage beim Zivilgericht in Höhe von fünf Millionen Euro einbringen. Diese Summe ergebe sich daraus, dass seiner Liste mit Klubstatus im Nationalrat eine Million Euro Klubförderung pro Jahr zustehen würde, und zwar über die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren.

Flotte Schlagzeile

Beschwerden vor Ausstrahlung der betroffenen Sendungen wurden bisher in der Regel abgewiesen, da Programminhalte wegen der sogenannten (Vor)Zensurfreiheit vor der Aussendung nicht einer Überprüfung und Genehmigung durch die Medienbehörde unterzogen werden.

Für eine erfolgreiche Schadenersatzklage sind laut Juristen wiederum die Kriterien der Kausalität, der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens erforderlich. Das heißt, es muss sich um vorwerfbares Verhalten handeln. Da sich der ORF in seiner Entscheidung auf die Nichteinladung von Pilz aber auf die bisherige Judikatur beruft, könne auch keine Rechtswidrigkeit vorliegen. Mangels Rechtswidrigkeit scheide ein Schadenersatzanspruch damit aus, so die Einschätzung von Rechtsexperten.

Berka: ORF-Regel unzeitgemäß

Der renommierte Verfassungsrechtler Walter Berka erklärte zuletzt auf STANDARD-Anfrage, er halte für "verfassungswidrig, dass die Gründung von Klubs nur am Beginn von Legislaturperioden zulässig ist.

Dass sich der ORF bei seinen Einladungen am Klubstatus orientiert, "wurde von der Judikatur bisher so akzeptiert". Ob der ORF nun "gesetzwidrig handelt, hängt davon ab, ob er insgesamt, das heißt durch seine gesamte Berichterstattung, der politischen Relevanz und Chancengleichheit der politischen Parteien angemessen Rechnung trägt."

Berka hält den Klubstatus als Kriterium für "rückwärtsgewandt": "In eine Zeit, in der sich klassische Parteien als "Bewegungen" positionieren und die Parteienwelt dynamischer und sehr viel bunter geworden ist, passt dieses Kriterium nicht mehr. Der ORF täte gut daran, es zu überdenken." (APA, red, 7.9.2017)