Es gibt so vieles, von dem wir in Österreich genug haben. Wir haben genug Berge, genug Seen, genug Felder, genug Wälder, genug Trinkwasser, genug Wein, genug Heurige, genug Ewiggestrige, genug schöne Frauen, genug hässliche Männer und definitiv genug hässliche Einfamilienhäuser, Windräder und Kreisverkehre.

Von manchem haben wir aber auch zu wenig. Wir haben zu wenig Zugang zum Meer, zu wenig Sonnenmonate und zu wenig Staatsgebiet, als dass wir unserem Nationalsport des Zubetonierens noch länger als drei Jahre ungehemmt frönen könnten (ist aber wurscht, wenn es keinen Quadratkilometer Österreich mehr gibt, den man zubetonieren könnte. Dann betonieren wir einfach eine zweite Schicht Beton über die erste drüber, hehe!).

Die größte Mangelware in Österreich ist jedoch eine ausreichende mediale Coverage der Spitzenkandidaten vor Wahlen. Bereits 2016 wurde dieses Manko fühlbar. Kein Mensch war in der Lage, sich nach gerade einmal 68 Fernsehduellen zwischen zwei nur subtil unterschiedlichen Anwärtern wie Hofer und Van der Bellen ein Bild davon zu machen, was die beiden eigentlich wollen. Kein Wunder, dass fast alle Wähler an der Urne von dem Gefühl beschlichen wurden, sie nähmen an einer demokratiepolitischen Blindverkostung teil.

Haben die Medien aus diesem Fehler gelernt? Nein, das haben sie nicht. Gut, im August und September gab es zwar brandheiße Sommergespräche im ORF, aber jetzt, kaum sechs Wochen vor der Wahl, vergehen oft Stunden, ja Tage (!) ohne "TV-Duell" oder "Elefantenrunde". Auch wir Printmedien müssen uns an der Nase fassen. Wo bleiben die Schwerpunktnummern, wenn die FPÖ der Regierung "Versagen" vorwirft? Wo bleiben die Extraausgaben, wenn Sebastian Kurz mit der Forderung nach Schließung der Mittelmeerroute aufhorchen lässt?

Die Lösung lautet: Die Medien müssen die Informationsdichte dramatisch erhöhen – 24 Stunden pro Tag nonstop Interviews, Homestorys, Liveschaltungen, TV-Drei-, Vier- und Fünfkämpfe sowie Reportagen nicht nur über die Spitzenkandidaten, sondern auch Podiumsdiskussionen mit den Zweit- bis Letztgereihten der Parteien ("Ameisenrunden"). Solange man im Dunkeln tappt, was Helga Fink (Jg. 1959, Hausfrau, Platz 461 auf der SPÖ-Bundesliste) politisch im Schilde führt, wird sich der Stimmbürger kaum gut informiert fühlen. (Christoph Winder, Album, 8.9.2017)